Ehepartner bürgen nicht für geplatzten Kredit

BGH verurteilt langjährige Bankenpraxis als sittenwidrig

Um ein Baudarlehen zu erhalten, soll auch der Ehepartner den Vertrag unterschreiben und mithaften – das war bei vielen Banken jahrelang gängige Praxis. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun darüber.

Insbesondere wenn es um ein Baudarlehen geht, ist es gängige Praxis: Damit einer der Ehepartner den Kredit erhält, soll auch der andere Partner den Darlehensvertrag unterschreiben und mithaften. Der BGH sah dieses Vorgehen in einigen Fällen als sittenwidrig an – und entließ in einem aktuellen Urteil die Ehefrau eines Kreditnehmers aus der Haftung.

Im verhandelten Streitfall waren vor allem drei Argumente für die Entscheidung des Gerichtes maßgeblich:

  1. Das Einkommen der mithaftenden Ehefrau war zu gering.
  2.  Sie hatte der Mithaftung nur zugestimmt, um den „ehelichen Frieden“ zu wahren, also ihren Ehemann zu unterstützen.
  3. Sie selbst hatte keine Vorteile aus der Mithaftung.

Der BGH stellte fest, dass die Ehefrau in dem verhandelten Fall (Näheres dazu im Kasten) durch ihre Mithaftung „finanziell krass überfordert“ war. Das bedeutet, dass ihr Einkommen nicht ausreicht, um den laufenden Verpflichtungen nachzukommen.

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Verstoß gegen die guten Sitten

„Die Mithaftung kann sittenwidrig sein. Vor allem dann, wenn der Ehegatte gar kein eigenes Vermögen oder Einkommen hat“, kommentiert Michael Uerlings, Pressesprecher der Rheinischen Notarkammer das Urteil. Häufig übernehme der vermögenslose Ehepartner nur deshalb die Mithaftung, weil er oder sie den ehelichen Frieden wahren wolle. „Die Gerichte wägen dann ab, ob es aus Sicht des Ehegatten außer der persönlichen Nähe noch andere nachvollziehbare Gründe gegeben hat, die Mithaftung zu übernehmen“, sagt Uerlings.

So auch im aktuellen Fall: Das Gericht sah die persönliche Verpflichtung der Ehefrau, ihren Mann zu unterstützen. Es erkannte an, dass sie ihre Unterschrift nur ihrem Mann zuliebe geleistet hatte – ohne selbst einen Vorteil aus dem Vertrag zu erlangen. In diesen Fällen verstoße die Mithaftung gegen die guten Sitten – folgerichtig entschied der BGH zugunsten der Ehefrau.


Das Urteil im Detail


In dem vor dem BGH verhandelten Fall hatte die Bank von der Ehefrau des Darlehensnehmers im Jahr 1995 verlangt, dass auch sie den Darlehensvertrag unterschreibt und ein notariell beurkundetes Schuldanerkenntnis über einen Betrag von 560.300 DM abgibt. Als der Ehemann verstarb, schlugen seine Frau und die Kinder das Erbe aus. Der Nachlasspfleger stellte Insolvenzantrag wegen Überschuldung. Im Jahr 2013 kündigte die Bank den Darlehensvertrag und forderte von der Ehefrau des verstorbenen Darlehensnehmers 248.652 Euro. Die Ehefrau ging vor Gericht und beantragte die Feststellung, dass ihre Mithaftung sittenwidrig und nichtig sei, weil sie über ein zu geringes Einkommen verfügt habe.



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