Ein Blick auf die aktuellen Zinskonditionen treibt Bauleuten und Käufer:innen regelmäßigen den Schweiß auf die Stirn. Wie hoch werden die Zinskosten denn noch steigen? Ende Juni steuerten die Kredite mit langfristiger Zinsbindung bereits auf die 3,5-Prozent-Marke zu. Wir erklären, wie die Zinsen für Hypothekendarlehen zustande kommen, wie sie sich entwickelt haben und wie du dich für die Zukunft wappnest.




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Ein Blick zurück auf das Zinsjahr offenbart, dass es insbesondere seit Jahresbeginn einen starken Zinsanstieg gegeben hat. Am 1. Januar lagen die Bauzinsen im ImmoScout24-Zinsbarometer für 10-jährige Kredite noch bei rund 1,05 Prozent. Ende Juni 2022 waren sie auf 3,08 Prozent geklettert, was einer Steigerung um über zwei Prozentpunkte gleichkommt. Der Anstieg in den vergangenen sechs Monaten ist also tatsächlich immens. Die Zinskonditionen für die unterschiedlichen Zinsbindungsfristen richten sich meist an der Länge der vereinbaren Rückzahlungsdauer aus: Wer sich die Zinsen für eine kürzere Zeit sichert, zahlt meist weniger Zinsen als für eine lange Zinsbindungsfrist.





Im Verlauf der zweiten Jahreshälfte 2021 haben sich im Vergleich zu 2022 die Bauzinsen fast gar nicht verändert. Die zehnjährigen Baukredite lagen fast die gesamte Zeit im Bereich zwischen 0,90 und 0,98 Prozent.

20 Jahre: Zinsen im Langfristvergleich

Bevor wir uns mit den Gründen dieses massiven Zinsauftriebs seit Jahresbeginn beschäftigen, lohnt es auch einmal, die Uhr noch weiter zurückzudrehen. Denn viele Bau- oder Kaufwillige beschäftigt natürlich die Frage, ob die steigenden Bauzinsen ein ungewöhnlicher Effekt sind. Tatsächlich sind die aktuellen Konditionen für Hypothekenkredite aber keinesfalls besonders hoch. Es kommt vielen allerdings so vor, weil sie über die vergangenen sechs Jahre besonders niedrig waren. Für zehnjährige Kredite lag der niedrigste Wert bei etwa 0,62 Prozent. Dabei handelt es sich allerdings um Mittelwerte. Der konkrete Kredit konnte auch in dieser Zeitspanne abhängig von individuellen Rahmenbedingungen durchaus höher liegen. Derzeit liegt das Zinsniveau etwa im Bereich der Zinsen aus dem Jahr 2014. Davor lagen die Bauzinsen teilweise erheblich darüber. Vor 20 Jahren, Anfang 2002, betrugen sie etwa sechs Prozent. Die Abwärtsentwicklung begann – abgesehen von einigen Schwankungen – mit den zahlreichen wirtschaftlichen Stützungsmaßnahmen, die in der Folge der Finanzkrise von 2007/2008 eingeführt wurden.   



Quelle: FHM Finanzberatung, 10-jährige Hypothekenzinsen der letzten 20 Jahre




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Preise und Zinsen steigen – und verteuern den Immobilienkauf

Wer jetzt eine Immobilie kaufen oder bauen will, braucht starke Nerven. Verantwortlich sind dafür aber nicht nur die steigenden Hypothekenzinsen, sondern vor allem die stark steigenden Preise. Immobilienpreise befinden sich seit Jahren im Steigflug – bislang wurden die Steigerungen jedoch von den sehr niedrigen Zinsen „bezahlbar“ gemacht. Käufer:innen konnten sich das Haus oder die Eigentumswohnung leisten, weil die Monatsraten niedrig blieben – und mit ihnen die insgesamt zu zahlenden Zinskosten.

  Zinssatz 1,00 % Zinssatz 2,0 %
Darlehenssumme 400.000 € 400.000 €
Tilgung pro Jahr 3,5 % 2,5 %
Laufzeit 10 Jahre 10 Jahre
Monatliche Rate 1.500 € 1.500 €
Restschuld nach 10 Jahren 252.825,09 € 289.400,31 €
Zinskosten 32.825,09 € 69.400,31 €

Der Vergleich eines Zinsanstiegs in der obigen Tabelle von einem Prozent auf zwei Prozent zeigt sehr drastisch, welche Effekte dies auf die Immobilienfinanzierung hat. Im Beispiel wird die monatlich leistbare Rate bei 1.500 Euro belassen. Durch den Zinsanstieg erhöht sich einerseits die Restschuld nach zehn Jahren um über 36.000 Euro, auch weil die Tilgung um rund ein Prozent reduziert werden musste, um den Monatsbetrag zu halten. Andererseits erhöhten sich die Zinskosten um rund 111 Prozent.  

Hohe Inflation

Jetzt, da Zinsen und Preise gleichzeitig steigen, wird es doppelt schwierig für Käufer:innen. Die Preissteigerungen werden über die Inflationsrate, also die im Jahresvergleich gestiegenen Preise für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen, abgebildet. Jahrelang lag die Inflationsrate sehr niedrig – sogar weit unter der der von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten Inflationsrate knapp unter zwei Prozent. Für Mai 2022 ermittelte das Statistische Bundesamt eine Inflationsrate von 7,9 Prozent – ein seit der Wiedervereinigung historisch hoher Wert. Im Juni lag sie bei 7,6 Prozent.

Preissteigerungen bei Rohstoffen und Baumaterialien sowie gestiegene Energiepreise führen dazu, dass sich nicht nur Neubauten stark verteuern. Dasselbe gilt auch für Modernisierungsmaßnahmen bei Bestandsimmobilie. Bauholz verteuerte sich im Vergleich mit dem Vorjahresdurchschnitt um 61 Prozent, bei Betonstahl sind es etwa 53 Prozent, bei Kupfer 27 Prozent und bei Dämmplatten aus Kunststoff 21 Prozent. Die Gründe für Inflation und Preissteigerungen sind vielfältig. Zusammen wirken etwa:

  • Produktionsausfälle infolge der weltweiten Corona-Pandemie
  • Störungen internationaler Lieferketten, etwa durch die Havarie des Frachters „Ever Given“ im Suezkanal oder die Schließung wichtiger Häfen infolge des Wiederaufflammens des Coronavirus
  • Der Krieg in der Ukraine und der damit verbundene Rohstoffmangel und Druck auf Öl- und Gaspreise
  • Der anhaltende Mangel qualifizierter Handwerker:innen führt dazu, dass Arbeiten nicht ausgeführt werden können und ein regelrechter Kampf um Fachleute entbrennt
  • Eine Lohn-Preis-Spirale, die dadurch entsteht, dass angesichts höherer Preise auch höhere Löhne gefordert werden. Dies wiederum führt zu erneuten Preisanhebungen seitens der Industrie

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Was bestimmt die zukünftige Zinsentwicklung?

Angesichts der hohen Inflation sehen sich die großen Notenbanken dazu genötigt, ihre Geldpolitik neu zu ordnen. Eines ihrer wichtigsten Instrumente sind hierbei die Leitzinsen, über die sie die Kosten steuern, zu denen sich Banken Geld von der Zentralbank leihen können. Die amerikanische Federal Reserve (Fed) hat neben einigen weiteren Nationalbanken die jahrelange Nullzinspolitik in diesem Jahr beendet und Mitte Juni sogar einen sehr großen Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte gewagt: Die Leitzinsen dort liegen jetzt in einem Korridor von 1,5 bis 1,75 Prozent. Die EZB hat bislang die Inflation als vorübergehend abgetan. Aber auch aus Frankfurt am Main, wo die EZB ihre Zentrale hat, kommt nun eine Reaktion: Die Leitzinsen sollen im Juli um 0,25 Prozent steigen. Das wird vor allem Sparende freuen, die mit mehr Zinsen auf ihren Spar-, Tagesgeld- und Festgeldkonten sowie einem Wegfall der Verwahrentgelte auf Spareinlagen rechnen können.

Die Mechanik der Bauzinsentwicklung

Es gibt keinen direkten Einfluss der Leitzinsen auf die Zinsen von Baukrediten. Mittelbar beeinflussen sie diese allerdings schon. Man könnte sogar sagen, dass die derzeit steigenden Bauzinsen eine Vorwegnahme der künftigen Maßnahmen der EZB sind.

Das erklärt sich vor allem über folgende Zusammenhänge:

  1. Die Bank finanziert ihre Hypothekenkredite über Pfandbriefe. Damit beleiht sie die bei ihr finanzierten Immobilien und verkauft die Pfandrechte an Anlegende.
  2. Auf den hierdurch erzielten Pfandbriefzins schlägt sie eine Gewinnmarge auf und errechnet hierüber den Kreditzins, den sie dir als Käufer:in anbietet. Der Bauzins ist also an die Pfandbriefe gekoppelt, die Banken zur Refinanzierung von Immobilienkrediten ausgeben.
  3. Die Pfandbriefzinsen wiederum orientieren sich an langfristigen Geldanlagen mit sehr guter Bonität: üblicherweise den zehnjährigen Bundesanleihen. Die haben eine Besonderheit: Je mehr Anleger:innen in sie investieren, desto niedriger ist der Zinssatz. Wenn Anleger:innen bessere Anlagen auftun und ihr Geld dort investieren, steigt die Rendite der Bundesanleihen.
  4. Hier kommt der indirekte Effekt der EZB-Leitzinsen in Spiel:

Wenn die Leitzinsen steigen,


macht dies kurzfristige Geldanlagen wieder attraktiver,


zieht Anleger:innen von den Bundesanleihen ab,


in deren Folge ihre Rendite steigt.


Damit steigen dann auch die Pfandbriefrenditen


und früher oder später auch die Hypothekenzinsen.



Die Renditen deutscher Staatsanleihen befinden sich seit März deutlich im Plus. Sie liegen bei rund einem Prozent, nachdem sie sich über Jahre hinweg im Minus bewegt hatten. Der beschriebene Prozess ist keine zwingende Kette von Entwicklungen. Hier geht es vielmehr um Erwartungen der Marktakteure, die sich gegenseitig abschwächen und verstärken können.




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Strategien für deine Immobilienfinanzierung: Wie solltest du dich jetzt verhalten?

Je nachdem, in welcher Situation du dich derzeit befindest, bieten sich unterschiedliche Strategien zum Umgang mit den Zinsen an. Grundsätzlich ist dabei jeder Schritt eine „Wette auf die Zukunft“. Wenn du erwartest, dass die Zinsen schnell wieder sinken, wäre deine Strategie grundlegend anders, als wenn du eher damit rechnest, dass die Zinsen weiter steigen.

Aktuell befindest du dich gerade in einer echten Zwickmühlensituation: Die Zinsen steigen, aber sie könnten noch höher steigen. Die meisten Expert:innen, die beispielsweise vom Immobilienkreditvermittler Interhyp regelmäßig befragt werden, erwarten für das laufende Jahr weiter steigende Zinsen. In der Zinssitzung am 21. Juli will die EZB das erste Mal die Leitzinsen erhöhen. Die Preise steigen ebenfalls immer weiter. Insofern könnte genau jetzt der richtige Zeitpunkt sein, eine Immobilie zu erwerben. Denn: Die günstigen Gelegenheiten der Vergangenheit sind passé und was die Zukunft bringt – ob etwa die Preise wieder sinken – weiß heute keine:r. Wichtig: Nicht in Panik verfallen und nur die Immobilie wählen, die tatsächlich zu dir passt. Michael Neumann vom Kreditvermittler Dr. Klein rät: „Ich rate davon ab, auf Gedeih und Verderb eine Immobilie zu kaufen. Es ist wichtig, die passende Immobilie zu finden und das Vorhaben gut überlegt anzugehen“.

  • Wenn du mit steigenden Zinsen rechnest, solltest du die Finanzierung möglichst langfristig anlegen: Zinsbindungen von 20 Jahren oder gar ein Volltilgerdarlehen sind durchaus eine Überlegung wert.
  • Achte auf eine hohe Anfangstilgung: Mindestens drei Prozent sollten es schon sein, damit du den Kreditbetrag schnell reduzieren kannst.
  • Angebote verglichen lohnt sich derzeit besonders. Die Stiftung Warentest hat mehrere Angebote für unterschiedliche Finanzierungsvorhaben vergleichen und für ein und denselben Fall Unterschiede von mehr als 100.000 Euro zwischen dem günstigsten und teuersten Kreditangebot ausfindig gemacht.
  • Sichere dir die Möglichkeit, Sondertilgungen zu leisten: Damit kannst du einen willkommenen Geldsegen – etwa durch Erbschaft oder in einigen Jahren freiwerdende Geldanlagen – schnell in die Immobilie stecken und Zinsen sparen.
tipp
Tipp

Auch wenn du dich für 15 oder 20 Jahren bindest, kannst du nach zehn Jahren vorzeitig aus einem Kreditvertrag heraus, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen.

Strategien für die Anschlussfinanzierung

Steht in einigen Jahren eine Anschlussfinanzierung an, solltest du sofort aktiv werden, falls du mit weiter steigenden Zinsen rechnest. Denn ansonsten könnte sich der Anschlusskredit empfindlich verteuern. Wenn du in zwölf Monaten eine Anschlussfinanzierung benötigst, solltest du dich mit deiner Bank beraten. In vielen Fällen lassen sich die aktuellen Konditionen bereits für ein Jahr im Voraus sichern. Kreditverlängerungen bei der bestehenden Bank können aber auch viele Tausend Euro kosten. Angebote bei anderen Banken vergleichen lohnt sich also auch bei der Anschlussfinanzierung. Bis zu 60 Monate vor dem Auslaufen der aktuellen Finanzierung kannst du dir mit einem Forwarddarlehen die aktuellen Zinsen sichern. Das kostet dich zwar einen geringen Aufschlag, bewahrt dich aber vor unliebsamen Zinsüberraschungen.




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