Kurz bevor sich die Fränkische Saale in Gemünden in den Main ergießt, nimmt sie die Schondra auf und mäandert noch ein wenig durch Gräfendorf. Der Ort, der Verwaltungsgemeinschaft Gemünden zugehörig, erstreckt sich idyllisch über mehrere Hügel entlang des Tals.
Viele der Häuser - überwiegend mittelgroß für eine Familie, gegebenenfalls aber in drei Generationen - sind entsprechend an die Hügellage angepasst: Teilweise ist die Wohnebene, die auf der einen Gebäudeseite als Keller gilt, auf der anderen Wintergarten oder Terrasse. Allein im Tal findet sich andersartiges - insbesondere gemauerte Höfe, oft mit eigenem Tor und dickerer Umgrenzung.
Autobahnpfeiler wird Kletterrevier
In den fünf Ortsteilen Gräfendorf, Wolfsmünster, Michelau, Schonderfeld und Weickersgrüben existieren um die fünf Dutzend landwirtschaftliche Betriebe - eine der Haupteinnahmequellen der Bewohnerschaft. Eine weitere ist der Tourismus: Gräfendorf ist staatlich anerkannter Erholungsort mit mehr als 120 Kilometern Wanderwegen durch Buchen- und Eichenwald, sehr hübschen Angelrevieren vor allem an der Saale und einem riesigen Brückenpfeiler für eine nicht fertig gestellte Reichsautobahn, der zu einem Kletterdomizil umgewidmet wurde. So existieren neben fünf Hotels in Gräfendorf auch zahlreiche Pensionen.
Der größte Teil der rund 1.600 Einwohner (fast gleichmäßig verteilt auf Männlein und Weiblein) pendelt aber in die umliegenden Städte, neben Gemünden auch Hammelburg, Karlstadt, Lohr oder gar Würzburg und Schweinfurt. Dort finden sich auch die besseren Einkaufsmöglichkeiten: Gräfendorf selbst ist für die größeren Discounter und Supermärkte noch Terra incognita. Dies eröffnet dem örtlichen Kleinhandel wie Metzgerei und Bäcker immerhin einige Absatzchancen.
Hundesteuer ja, Gymnasium nein
Als eigenständige Gemeinde darf Gräfendorf zwar selbst seine Hundesteuer festlegen, für ein höheres Schulwesen genügt die Einwohnerzahl hingegen nicht. So existiert lediglich die Verbandsschule Saaletal, eine Außenstelle der Hauptschule Gemünden. Auch die Kirche muss man sich im Rahmen der Pfarreiengemeinschaft Sodenberg mit Orten wie Aschenroth und Seifriedsburg teilen, immerhin sind Gräfendorf und Wolfsmünster Pfarrdörfer.
Vier der fünf Gräfendorfer Ortsteile werden von der Saaletalbahn angefahren, der Takt ist nicht ganzstündlich, orientiert sich stattdessen an den Notwendigkeiten von Schülern (zu Realschule und Gymnasium in Gemünden) bzw. Berufspendlern. Mit dem Auto nähert man sich Gräfendorf am besten von Gemünden entlang der Saale, nicht ohne die eine oder andere Engstelle oder schmale Brücke überwinden zu müssen. Alles in allem also eher eine idyllische Fahrt, vor allem in einem Möbeltransporter.
Gräfendorf ist eine liebenswerte Fünf-Dörfer-Gemeinde mit ausgeprägtem Vereinsleben. Übermäßige Infrastruktur bieten die Orte zwar nicht, dafür aber Zufahrtswege, die jeden LKW-Fahrer mit Freude erfüllen.
Volker Tzschucke
Dieser Insider-Tipp spiegelt nur die Meinung des Autors wider.