Kaum ein anderer Stadtteil in Gelsenkirchen ist derartig von Gegensätzen geprägt wie Ückendorf. Leerstände und heruntergekommene Häuser sind hier - im äußerten Südosten der Stadt - genauso zu finden wie moderne Industrie-Lofts und prächtige Villen im Grünen.
Heutzutage braucht es schon ein wenig Fantasie, um in den maroden Fassaden der Bochumer Straße die prachtvolle Chaussee zu erahnen, die Ende des 19. Jahrhunderts für das Großbürgertum erbaut wurde. Gerade in den letzten Jahrzehnten haben etliche Häuser durch mangelnde Bausubstanz und Leerstände viel von ihrem Charme einbüßen müssen. Es gibt so einige dieser vergessenen, grauen Straßen in Ückendorf.
Andererseits finden sich aber vor allem zwischen Virchowstraße und Parkstraße wirklich lebenswerte Ecken. Und auch die auf Kohle gegründeten Wurzeln Ückendorfs haben es durch Investoren zu neuem Glanz gebracht: In den stillgelegten Zechen Rheinelbe und Holland befinden sich nun luxuriöse Industrie-Lofts und die Bergbausiedlung Flöz Dickebank besticht mit pittoresken Häuschen und nachbarschaftlichem Zusammenhalt.
Kein Einkaufserlebnis
Das Nötigste ist vorhanden, mehr aber auch nicht: Lebensmittelgeschäfte, Discounter und Einzelhändler liegen vereinzelt auf der Bochumer und Ückendorfer Straße. Dafür bringt einen die Straßenbahn 302 binnen weniger Minuten in die Innenstadt. Traditionell einkaufen lässt es sich mittwochs auf dem Markt auf dem Schulte im Hofe Platz.
Mit zehn Kitas, fünf Grundschulen und einer Gesamtschule sind die Kinder in Ückendorf morgens gut aufgehoben. Nachmittags ist im Jugend-Kultur-Zentrum Spunk, aber auch bei den Pfadfindern, der Waldjugend und in kirchlichen Treffs jede Menge los.
Freizeit und Kultur: Tags hui, abends pfui
Nach Einbruch der Dunkelheit herrscht in Ückendorf tote Hose – außer verschlafenen Eckkneipen und der wirklich empfehlenswerten UnverwechselBar an der Stadtgrenze zu Wattenscheid gibt es in Sachen Nachtleben nur einen Ausweg: Die A40 Richtung Essen oder Bochum. Dafür kann man sich tagsüber in Sportvereinen, Reitanlagen, Musikschule und zahlreichen Fussballclubs austoben. Zum Kicken gibt es nicht nur in den riesigen Hallen der Soccerworld, sondern auch auf drei Bolzplätzen ausreichend Platz. Kulturfreunden empfiehlt sich ein Besuch in der Künstlersiedlung Halfmannshof oder der Kunststation Rheinelbe.
Zahlreiche Parks und Grünanlagen finden sich im Südosten Gelsenkirchens: Allen voran der Rheinelbepark mit Forststation, Skulpturenwald und der Himmelstreppe, die hinauf zum Ruhrgebietspanorama auf der Halde führt. Aber auch der Von Wedelstaedt-Park, der Südfriedhof und der Pestalozzihain sowie die Erzbahntrasse ziehen viele Jogger, Radfahrer und Hundebesitzer hinaus ins Grüne.
Zugegeben, es benötigt einen zweiten Blick, um die versteckten Qualitäten Ückendorfs zu entdecken. Wenn man aber die richtigen Ecken erwischt, lässt es sich im Südosten der Stadt gut, ruhig und grün leben.
Kathrin Hugenschütt
Dieser Insider-Tipp spiegelt nur die Meinung des Autors wider.