Die Vertragsunterzeichnung eines Baukredits hängt mit mehreren Beratungsgesprächen mit den Darlehensgeber:innen zusammen und sollte gut überlegt sein. Die Tilgung einer solchen Baufinanzierung dauert unter Umständen viele Jahre. Kommt es unerwartet zu einer Nichtabnahme des vollen Kredits, kann dies zu hohen Entschädigungskosten für Kreditnehmer:innen führen.
- Wird ein vereinbarter Kredit nicht angenommen, ist eine Entschädigung zugunsten des Kreditgebers fällig.
- Bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen besteht eventuell ein Anspruch auf Entschädigung für den Kreditnehmer. Der Vertrag sollte also auf Fehler untersucht werden.
- Die Berechnung der Entschädigungshöhe sollte vom Verbraucher kontrolliert werden.
- Für die Überprüfung und Anfechtung der Berechnung kann ein Anwalt oder die Verbraucherzentrale Abhilfe schaffen.
Sollten Sie eine Baufinanzierung nicht in Anspruch nehmen steht nach Ablauf der Widerrufsfrist des Kreditvertrags die Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung (NAE) an die Kreditgeber:innen an.
Durch diese Entschädigung wird die Bank für den entgangenen Gewinn entschädigt. Die Höhe der Entschädigung hängt dabei von der Zinsentwicklung ab und lässt sich deshalb bei Vertragsabschluss noch nicht absehen.
Bei höherer Zinslage zum Zeitpunkt der Nichtabnahme erleidet der:die Kreditgeber:in keinen Schaden und Sie müssen womöglich nur einen geringen Ausgleich zahlen.
Sollte das Zinsniveau seit Vertragsabschluss gesunken sein, so kann die Entschädigung zehn Prozent des Restkapitals kosten, im schlimmsten Fall also mehrere Tausend Euro. Bei extrem niedrigen Zinsen kann sogar eine Nichtabnahmeentschädigung von 20 Prozent fällig werden.
Dass Sie die vereinbarte Baufinanzierung nicht in Anspruch nehmen, kann verschiedene Gründe haben:
Meist geschieht die Nichtabnahme der Baufinanzierung, weil sich der:die Bauherr:in bei einem Forward-Darlehen oder der Anschlussfinanzierung verspekuliert. Wird bei Vertragsabschluss noch mit steigenden Zinsen gerechnet, die im Anschluss hingegen fallen, wird das Darlehen zu einer schweren Last, die so einfach nicht abgelegt werden kann. Der Vertrag verpflichtet die Kreditnehmer:innen zur Abnahme, auch wenn die Unterstützung nicht mehr benötigt wird.
Wenn beim Bau einer Immobilie weniger Geld als geplant benötigt wird, ist der:die Kreditnehmer:in trotzdem zur Abnahme des vollen Betrages verpflichtet. Sollte die benötigte Summe vor Vertragsabschluss nicht feststehen, kann auch ein bestimmter Teilbetrag vereinbar werden, der bei unerwartet niedrigen Kosten nicht abgenommen werden muss. So können Sie sich die Nichtabnahmeentschädigung ersparen.
Wenn der Notartermin beim Immobilienkauf platzt, nachdem die 14-tägige Widerrufsfrist von Kreditgeber:innen abgelaufen ist, wird ebenfalls eine Nichtabnahmeentschädigung fällig. Achten Sie also darauf, dass der Kredit zum Zeitpunkt des Notartermins noch widerrufbar ist.
Bevor Sie die Nichtabnahmeentschädigung zahlen, sollten Sie deren Berechnung kontrollieren. Die Kontrolle können Sie auch mit Hilfe eines:einer Anwalt:in oder der Verbraucherzentrale vornehmen, wenn Sie sich nicht sicher sind. Banken können Nichtabnahmeentschädigungen auf zwei Arten berechnen:
- Die Aktiv-Aktiv-Methode: Hierbei wird die Differenz zwischen den Zinssätzen des nicht angenommenen Darlehens und den Zinsen aktueller Darlehen berechnet.
- Die Aktiv-Passiv-Methode (häufiger verwendete Methode): Bei dieser Methode wird die Differenz zwischen entgangenen Zinsen und der möglichen Rendite bei einer Anlage der Darlehenssumme in Hypothekenpfandbriefen berechnet. Die jeweilige Differenz wird als Entschädigung von Kreditnehmer:innen angefordert.
Wird ein Forward-Darlehen über 100.000 Euro bei einem Zinssatz von 3,24 Prozent und einer Zinsbindung von sieben Jahren vorzeitig gekündigt, kann der:die Kreditgeber:in eine Nichtabnahmeentschädigung von rund 20.000 Euro fordern.
Sollten Sie die Baufinanzierung nicht in Anspruch nehmen, entfallen für die Bank Verwaltungs- und Risikokosten, die von der Entschädigung abgezogen werden müssen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine gesetzlich festgelegte Summe.
Aus Baukrediten kommen Kunden mitunter schwer unbeschadet heraus und können meist nur das gesetzliche Kündigungsrecht nach zehn Jahren nutzen.
Alternativ können Sie nur auf Fehler in Ihrem Vertrag spekulieren. Sollte beispielsweise der Wortlaut in der Widerrufsbelehrung falsch sein, so können Sie den Vertrag jederzeit widerrufen. In diesen Fällen beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist für den Vertrag nie. Durch formelle Fehler wie diese wird der Widerrufspart des Vertrags nichtig und Sie müssen keine Entschädigung zahlen.
Für die Überprüfung Ihres Vertrags sollten Sie Anwälte zurate ziehen. Diese sollten im Idealfall auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert sein.
Viele Baufinanzierungsverträge sind fehlerhaft, da schon kleinste Veränderungen an den Formulierungen der gesetzlichen Vorgaben für Darlehensverträge zu ihrer Nichtigkeit führen. Zu typischen Fehlern, die im Vertrag auftauchen können, gehören folgende:
- fehlende Angaben zum Fristbeginn
- ein Hinweis auf Rechtsfolgen fehlt
- es wird nicht auf ein verbundenes Geschäft hingewiesen
- verwirrende bzw. unverständliche Formulierungen wurden ergänzt
- unklare Fußnoten wurden ergänzt
- die Belehrung wurde nicht auf Ihren Fall angepasst
- unvollständige Pflichtangaben
Auch wenn Sie schon gezahlt haben, sollten Sie die Widerrufsbelehrung kontrollieren. Sollten Sie beispielsweise nicht regelgerecht über Ihr Widerrufsrecht belehrt worden sein, können Sie Ihre Nichtabnahmeentschädigung (in Teilen) zurückfordern.
Um die Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung zu vermeiden, können Sie bereits bei Vertragsabschluss mögliche Sondertilgungen vereinbaren und anfragen, ob während der Laufzeit mehr als die geplanten Raten zurückgezahlt werden können.
So kann eine unnötig lange Laufzeit der Rückzahlungen vermieden werden. Des Weiteren gibt es Kreditgeber:innen, die unter bestimmten Umständen keine Nichtabnahmeentschädigung fordern, wie beispielsweise bei Arbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder dem Tod eines:einer Kreditnehmers:Kreditnehmerin. Über solche Konditionen sollten Sie sich im Vorhinein bei Kreditgeber:innen informieren.
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