Ist es möglich, eine Eigenbedarfskündigung damit zu begründen, dass der Wohnraum für ein Au-pair der Familie benötigt wird?
Ein Vermieter klagt auf Eigenbedarf, weil er sein Au-pair in seiner 59 qm Wohnung unterbringen möchte. Die langjährige Mieterin wehrt sich. Ein Gericht muss entscheiden.
Ein Familienvater in München möchte sich, seiner berufstätigen Frau und den drei kleinen Kindern den Alltag erleichtern, indem er ein Au-pair ins Haus holt. Allerdings soll das Au-pair nicht direkt in der großen Eigentumswohnung der Familie untergebracht werden, sondern in ihrer knapp 700 m entfernten kleineren, vermieteten Wohnung.
Also kündigt der Vermieter das Mietverhältnis mit Frist von gut neun Monaten bis zum Auszug. Als Begründung gibt er an, dass er und seine Frau zum 01.09.2020 ein Au-pair einstellen wollen. In ihrer Wohnung gebe es keine Möglichkeit, die Hilfskraft unterzubringen, da alle Räume bereits genutzt werden.
Die seit 2002 in der 59 qm großen Wohnung lebende Mieterin wehrt sich gegen die Eigenbedarfsklage ihres Vermieters. Sie ist der Meinung, dass eine Unterbringung des Au-pairs in der großen Wohnung ihres Vermieters möglich sein müsse. Der Familienvater könne aber auch eine andere Wohnung in vergleichbarer Entfernung anmieten. Sie selbst sei schwerbehindert und beziehe Hartz-IV-Leistungen. Damit sei sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos.
Das Amtsgericht München gab dem Vermieter recht. Er habe überzeugend dargelegt, dass nur durch die Hilfe eines Au-pairs seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen könne und gleichzeitig die Kinderbetreuung sichergestellt sei. Die Raumaufteilung innerhalb seiner eigenen Wohnung ist Sache der Familie und für eine Missbrauchskontrolle gebe es keine Anhaltspunkte.
Zudem stellte das Gericht klar, es könne nicht verlangt werden, dass ein Au-pair immer in der Wohnung der Gastfamilie leben müsse. Anderenfalls würden kinderreiche Familien mit wenig Wohnraum benachteiligt, da ihnen die Möglichkeit verwehrt bliebe, ein Au-pair als Hilfestellung anzustellen und unterzubringen.
Das vorgelegte Attest der Mieterin ergab, dass sie nicht in durchgehender ärztlicher Behandlung war, vielmehr habe sie sich erstmals am 1.10.2020 ambulant vorgestellt. Die Mieterin habe – so die Richter – auch nicht ansatzweise begründet dargelegt, dass sie wegen einer Krankheit an der Räumung gehindert sei. Ein Sachverständigengutachten sei nicht einzuholen, da es bereits an hinreichenden Anknüpfungstatsachen fehle.
Bisher habe die Mieterin nahezu ausschließlich im zentralsten Innenstadtbereich in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht. Damit habe sie nicht nachgewiesen, dass sie alles Erforderliche und Zumutbare unternommen habe, um eine Ersatzwohnung zu finden. Da sie aber den Kündigungsgrund nicht selbst verschuldet habe und infolge der Corona-Pandemie die Wohnungssuche erschwert sei, werde ihr nochmals eine Räumungsfrist bis zum 31.07.2021 eingeräumt.
(Amtsgericht München, Urteil vom 12.01.2021 - 473 C 11647/20)
Fragen zum Urteil vom 12.01.2021 - 473 C 11647/20, Amtsgericht München
- Kann für einen Au-pair auf Eigenbedarf gekündigt werden?
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Er habe überzeugend dargelegt, dass nur durch die Hilfe eines Au-pairs seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen könne und gleichzeitig die Kinderbetreuung sichergestellt sei. Die Raumaufteilung innerhalb seiner eigenen Wohnung ist Sache der Familie und für eine Missbrauchskontrolle gebe es keine Anhaltspunkte.
Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten), aktualisiert am 24. Februar 2021.
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