Ein Freiberufler verfällt in eine schwere Depression und zahlt drei Monate keine Miete. Es folgt die Kündigung des Mietverhältnisses und eine Klage auf Räumung der Wohnung. Darf das sein?
Der Fall:
Ein freiberuflicher Journalist erkrankte im Juni 2019. Eine schwere depressive Episode hatte ihn fest im Griff. In dieser Zeit konnte er seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen und daher seine Miete nicht bezahlen. Auch der Gang zum Jobcenter stellte für ihn eine unüberbrückbare Hürde dar.
Als die Miete für August, September und Oktober ausblieb, kündigte seine Vermieterin wegen der Mietrückstände fristlos und fristgemäß das Mietverhältnis. Im November schließlich klagte sie auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Im Januar 2020 glich das Jobcenter die Rückstände vollständig aus. Weitere Zahlungsschwierigkeiten traten nicht mehr auf.
Derweil wurde die Räumungsklage vor dem Amtsgericht Münster verhandelt. Hier entschied das Gericht, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei, da alle Mietrückstände fristgerecht ausgeglichen wurden. Aber auch die ordentliche Kündigung komme nicht zum Zug, da der Mieter seine Mietzahlungspflicht nicht schuldhaft verletzt habe. Vielmehr sei er wegen seiner schweren Depression nicht in der Lage gewesen zu arbeiten bzw. Leistungen vom Jobcenter zu beanspruchen.
Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass der Mieter seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2004 allen Verpflichtungen immer korrekt nachgekommen sei. Die durch Krankheit bedingte Verfehlung sei die erste in all den Jahren des Mietverhältnisses gewesen.
(Amtsgericht Münster, Urteil vom 27.10.2020 - 4 C 3363/19)
Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten), aktualisiert am 21. Mai 2021.
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