Mieterhaftung für minderjährige Kinder?
Expertentipp vom Hauseigentümerverein Berlin e.V.
Kommt es zu einem Schaden durch Minderjährige in der Wohnung, stellt sich die Frage nach der Haftung. Wie ist die Rechtslage?
Ab welchem Alter haften Kinder überhaupt?
Das Gesetz berücksichtigt die fehlende Einsichts- und Urteilsfähigkeit von kleineren Kindern (§ 828 BGB). Daher haften Kinder unter sieben Jahren nicht. Verursacht also ein noch nicht siebenjähriges Kind einen Wohnungsschaden, scheidet eine Haftung des Kindes von vornherein aus.
Siebenjährige Kinder können bereits haften
Bei Kindern, die mindestens sieben Jahre alt sind, kommt es auf deren konkrete Einsichtsfähigkeit an. Dabei ist auch das Alter des Kindes zu berücksichtigen. Je älter das Kind, desto eher wird eine Einsichtsfähigkeit vermutet. Es ist also im Einzelfall entscheidend, ob das Kind aufgrund seines individuellen Entwicklungsstandes die Gefahrenlage und Umstände hat erkennen können oder eben nicht.
So kann z. B. ein Neunjähriger für eine abgebrannte Scheune selbst haften. Zu diesem Ergebnis kam das OLG Köln mit der Feststellung, dass der Junge aufgrund der vorliegenden Einsichtsfähigkeit hat erkennen können, dass das durch ihn gelegte Feuer die gesamte Scheune in Brand legen kann (OLG Köln, AZ: 24 U 155/09).
Mit Urteil haften Kinder für über 30 Jahre!
Natürlich haben minderjährige Kinder in aller Regeln kein Geld, um den verursachten Schaden zu begleichen. Allerdings ist die Sache damit nicht ausgestanden. Hierzu wurde vermieterseits ein Urteil erstritten, das das Kind zum Schadensersatz verpflichtet. Und zwar kann das Geld 30 Jahre lang eingeholt werden. Zahlungen werden spätestens dann fällig, wenn das Kind über ein eigenes Einkommen verfügt.
Wann haften die Eltern?
Erst mal muss man wissen, dass die Eltern nicht generell für ihre Kinder haften. Vielmehr haften Eltern nur bei Verletzung ihrer Aufsichtspflichten, also quasi für sich selbst. Danach besteht eine „Elternhaftung“ für Minderjährige, wenn sie ein aufsichtsbedürftiges Kind nicht ausreichend kontrolliert haben und hierdurch eben ein Schaden entstanden ist.
Umfang der Aufsichtspflicht
Was Eltern konkret zu tun haben, hängt vom Alter und vom Charakter des jeweiligen Kindes ab. Es gilt als Maßstab, was verständige Eltern in Bezug auf ihr Kind im konkreten Fall zwecks Überwachung hätten veranlassen müssen, um einen Schaden für Dritte zu vermeiden. Als Regel gilt: Je jünger und unvernünftiger das Kind, desto größer die Beaufsichtigungspflicht. Bei bis zu Dreijährigen sollten die Eltern in Hör- bzw. Sichtweite bleiben. Etwas ältere Kinder kann man auch alleine auf dem Spielplatz lassen. Hier reicht ein „nach dem Rechten sehen“ alle 20 Minuten.
Der Fall: Dreijähriger verursacht 15.000 Euro Schaden
Das OLG Düsseldorf musste entscheiden, ob die Eltern für einen durch ihren dreijährigen Sohn entstandenen Schaden aufkommen müssen. Das Kind war abends selbständig zur Toilette gegangen und verstopfte mit Toilettenpapier das WC. Da die Wasserspülung wegen eines Defektes dauerhaft lief, kam es zu einer Überschwemmung. Der Schaden betrug mehr als 15.000 Euro. Die Mutter hatte sich zu dieser Zeit bereits selbst zurückgezogen und war eingeschlafen. Den Defekt an der WC-Spülung hatten die Mieter dem Vermieter nicht gemeldet. Die Gebäudeversicherung, die den Schaden zunächst regulierte, verlangte daher Ersatz der geleisteten Kosten.
Das Urteil: Mutter haftet nicht
Nach Ansicht des Gerichtes müssen Dreijährige in einer geschlossenen Wohnung nicht unter permanenter Beobachtung stehen. Auch ein Toilettengang muss nicht zwingend beaufsichtigt werden. Die Mutter habe daher ihre Aufsichtspflichten nicht verletzt. Der Gebäudeversicherer hat weder gegen die Mieterin noch gegen deren Haftpflichtversicherung einen Regressanspruch.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. April 2018, A: I 4 U 15/18
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