Sachverständigenrat fordert höhere Zinsen
17. November 2015 - Zinskommentar von Prof. Dr. Steffen Sebastian
Der Sachverständigenrat rät aufgrund der gestiegenen Risiken im Finanzsystem zu höheren Zinsen. Die EZB wird sich aber wahrscheinlich nicht daran halten.
In dem jüngsten Gutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, auch „Wirtschaftsweise“ genannt, wird die makroökonomische Situation in Europa als so gut befunden, dass eine Zinserhöhung nunmehr sinnvoll sei. Dies auch, um weitere Verwerfungen auf den Kapitalmärkten zu vermeiden, welche die Gefahr einer erneuten Finanzkrise erhöhen. Insbesondere im Immobilienmarkt sehen die Sachverständigen Übertreibungen.
Ob die beobachtbaren Übertreibungen schon als Immobilienblase zu bezeichnen sind, ist umstritten. Dass die niedrigen Zinsen der wesentliche Faktor sind, der die Immobilienpreise nach oben treiben, kann hingegen als allgemein anerkannt gelten. Ein langfristig niedriges Zinsniveau fördert zudem weitere Übertreibungen.
In den letzten zwei Wochen sind die Zinsen erneut leicht gesunken. Kredite mit fünfjähriger Zinsbindung wurden mit 1,15 statt zuvor 1,20 Prozent etwas billiger. Für 10‑jährige Kredite sind die Konditionen von 1,63 auf 1,59 gesunken. Nur Kredite mit fünfzehnjährigen Laufzeiten wurden im Durchschnitt mit 2,10 statt zuvor 2,08 Prozent etwas teurer.
Aufgrund der noch immer niedrigen Inflation und der weiterhin schleppenden wirtschaftlichen Gesundung in vielen europäischen Staaten ist trotz der berechtigten Warnung der „Wirtschaftsweisen“ weiterhin nicht damit zu rechnen, dass die Europäische Zentralbank ihren expansiven Kurs in Kürze aufgibt.