Wird in der Gebäudeversicherung ein Selbstbehalt vereinbart, so ist das von allen Wohnungseigentümer:innen gemeinschaftlich zu tragen. Das gilt auch dann, wenn Schäden ausschließlich oder teilweise im Sondereigentum einer Eigentümerpartei eintreten.
Eine Anlage in Köln besteht aus einer gewerblichen Einheit und zahlreichen Wohnungen. Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Gemeinsam unterhalten sie eine Gebäudeversicherung, die unter anderem auch Leitungswasserschäden abdeckt. Damit besteht der Versicherungsschutz für das gesamte Gebäude; es wird nicht nach Sonder- und Gemeinschaftseigentum unterschieden.
Wegen mangelhafter Leitungen kam es in den Wohnungen wiederholt zu Leitungswasserschäden. Nachdem die Schäden durch Fachleute beseitigt waren, nahm die Verwalterin jeweils die Versicherung in Anspruch und legte die vereinbarte Selbstbeteiligung entsprechend nach Miteigentumsanteilen auf alle Eigentümer:innen um. So agierte sie auch bei Schäden, die ausschließlich das Sondereigentum betrafen.
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Da sich die Schadensfälle häuften, betrug die Selbstbeteiligung bereits 7.500 Euro je Schadensfall. Im Ergebnis hieß das, dass nur noch rund 25 Prozent der Schäden ersetzt wurden. Das ging der Eigentümerin der gewerblichen Einheit gehörig gegen den Strich. Sie hielt sogar die Praxis für rechtswidrig, die Selbstbeteiligung auf alle Einheiten zu verteilen. Also trafen sich die Parteien vor Gericht.
Nach Ansicht der Richter:innen ist es grundsätzlich rechtmäßig, bei einem Leitungswasserschaden den Selbstbehalt – so wie in der Gemeinschaft praktiziert – nach Miteigentumsanteilen zu verteilen. Denn ein Selbstbehalt wird in der Regel vereinbart, um für die Wohnungseigentümer:innen die Versicherungsprämie zu reduzieren. Tritt ein Schadensfall ein, wird nicht die volle Summe erstattet. Dieses Risiko muss die Gemeinschaft tragen.
Die Vereinbarung eines Selbstbehalts kommt auch dann allen Wohnungseigentümer:innen zugute, wenn der Versicherer die Fortführung der Versicherung von der Vereinbarung eines Selbstbehalts abhängig macht. Damit stellt der Selbstbehalt wie die Versicherungsprämie einen Teil der Gemeinschaftskosten gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG dar.
Es ist allerdings möglich, dass der Eigentümerin der gewerblichen Einheit ein Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels zusteht. Das wäre der Fall, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer:innen, unangemessen erscheint.
Sollten beispielsweise die Schäden auf baulichen Unterschieden im Leitungsnetz in den Wohneinheiten und der Gewerbeeinheit basieren, könnte die eine Partei benachteiligt sein. Ob diese Voraussetzungen für die Gewerbe-Eigentümerin gegeben sind, muss nun das Landgericht Köln klären. Dorthin hat der Bundesgerichtshof den Streitfall zurückverwiesen.
(BGH, Urteil v. 16.9.2022, V ZR 69/21)
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