Hinterlassen Mietende beim Auszug Schäden in der Wohnung, können Vermietende auch nach der sechsmonatigen Verjährungsfrist z.B. zerkratzte Böden mit der Kaution verrechnen. So entschied kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH).
Eine Mieterin in Erlangen hatte ihre Wohnung gekündigt und am 8. November 2019 übergeben. Nach ihrem Auszug reklamierte der Vermieter am 26. Februar 2020 – also innerhalb der gesetzlichen sechsmonatigen Verjährungsfrist – Schäden in der Wohnung wie z. B. zerkratzte Holzböden oder eine beschädigte Steckdose, deren Kosten er mit 1.175 Euro veranschlagte.
Allerdings teilte er der Mieterin nicht mit, ob sie die Schäden beheben oder dafür bezahlen solle. Sie kam für den entstandenen Schaden nicht auf. Als Konsequenz behielt der Vermieter die Kaution in Höhe von 785,51 Euro ein. Das Ganze passierte jedoch erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist.
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Die ehemalige Mieterin zog vor Gericht. Sie berief sich darauf, dass der Vermieter seine Forderungen mit der Einbehaltung der Kaution erst zu einem Zeitpunkt realisiert habe, als die sechsmonatige Verjährungsfrist bereits abgelaufen war.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte sie mit dieser Argumentation auf ihrer Seite. Die Richter:innen waren der Ansicht, der Vermieter hätte schon vor Ablauf der Frist Bescheid geben müssen, dass er das Geld einbehalten wolle, statt Reparaturen an der Wohnung einzufordern.
Mit dieser Entscheidung wollte sich der Vermieter nicht zufriedengeben; er wandte sich zur Überprüfung des Urteils an den BGH.
Die Karlsruher Richter:innen trafen ein überaus praxisrelevantes Urteil, nach dem Vermietende ihre Ansprüche mit der Kaution auch dann verrechnen können, wenn die Mietenden schon länger als sechs Monate ausgezogen und die Ansprüche eigentlich verjährt sind.
Für die Verrechnung mit der Kaution müssen sie auch nicht vorher die Mietenden zur Zahlung der Reparaturkosten aufgefordert haben. Vermietende können sich ganz in Ruhe um die Reparatur der Schäden kümmern, wenn sie die Beschädigungen beweisen können.
Denn die Barkaution diene "gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters". Er solle sich nach dem Ende des Mietverhältnisses "auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können".
Der BGH verwies den Fall zurück ans Landgericht. Hier muss nun entschieden werden, wer von wem noch wie viel Geld bekommt. Dazu muss zunächst herausgefunden werden, ob die vom Vermieter angeführten Schadenersatzansprüche überhaupt bestehen.
Der Eigentümerverband Haus und Grund begrüßt die BGH-Entscheidung. Insbesondere privaten Vermietenden habe das Gericht damit eine praxistaugliche Flexibilität eingeräumt.
Ganz anders sieht das der Deutsche Mieterbund. Hier wird befürchtet, dass Mietende nicht mehr darauf vertrauen könnten, nach mehr als einem halben Jahr nicht mehr mit Schadenersatzforderungen wegen angeblicher Beschädigungen konfrontiert zu werden.
(Urteil vom 10. Juli 2024 - VIII ZR 184/23)
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