Steuerzahlerbund und Eigentümerverband Haus & Grund rechnen mit einer Klagewelle gegen das Bundesmodell zur Neuberechnung der Grundsteuer. Eine Studie zeigt, dass der ermittelte Bodenrichtwert vielerorts problematisch und das angewandte Gesetz verfassungswidrig sei.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) und der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland haben eine von ihnen beauftragte Studie vorgestellt, die sich mit den Folgen der Grundsteuerreform beschäftigt. Untersucht wurde das vom Bund favorisierte Modell, für das sich elf Bundesländer entschieden haben. 

Vor allem die Festlegung der Bodenrichtwerte wurde als problematisch erkannt. Die Werte fallen oft deutlich höher aus als bisher und seien nicht vergleichbar mit dem tatsächlichen Grundstückswert. So habe die begehrte Wohnlage Berlin-Wannsee mit 1500 Euro einen geringeren Richtwert erhalten als die weniger attraktive Lage Berlin-Neukölln mit 3200 Euro. Zudem werde viel zu pauschal vorgegangen und individuelle Umstände wie Denkmalschutzauflagen, Baumängel oder Altlasten bei der Bewertung der Grundstücke würden nicht berücksichtigt.

Verbände empfehlen Widerspruch gegen Bescheide

Besorgte Eigentümer:innen suchen bereits Unterstützung bei den Verbänden, so spricht Kai Warnecke, Präsident von Haus und Grund von einem "irrsinnigen Mitgliederzulauf". Noch wissen Eigentümer:innen nicht konkret, wie viel Grundsteuer sie ab 2025 zu zahlen haben. Denn die Höhe der Grundsteuer hängt von den Hebesätzen der Kommunen ab, die aber erst kurzfristig festgelegt werden.

Dann könne es häufig zu spät sein, sich gegen die Bescheide zu wehren. Die Verbände appellieren daher an die Bundesländer, eigene, weniger angreifbare Methoden zu entwickeln und sich vom Bundesmodell zu lösen. Derweil werden sie in fünf Bundesländern mit Musterklagen vor Gericht ziehen. Dazu entschlossen haben sich Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Die Verbände empfehlen Eigentümer:innen, Einspruch gegen die von den Finanzämtern bereits verschickten Bescheide zum Wert der Immobilien einzulegen.

Studie belegt: Grundsteuer verstoße gegen Grundrechte

Ist das Bundesmodell verfassungswidrig? In Anbetracht der Studie kommen in der Tat erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit auf. Das belegen insbesondere die folgenden Kritikpunkte: 

  • Grundsteuer orientiert sich am Wert von Grund und Boden. Damit rückt der Bund die Steuerbemessung in die Nähe der Einkommensteuer, obwohl sich die Einkommens- und die Grundsteuer – von der Verfassung her – unterscheiden müssen.
  • Die Bodenrichtwerte weisen "systematische Bewertungslücken" auf, wie das Beispiel Wannsee und Neukölln zeigt. Die strikte Anwendung der Bodenrichtwerte stellt einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes dar.
  • Der Bund hat eine äußerst komplexe Bewertung entwickelt, die im Massen-Verfahren nur schwer anwendbar ist. Grundsteuerpflichtige werden mit viel zu aufwendigen Mitwirkungspflichten belastet, weil der Bund Kompetenzschranken eingehalten hat, die nach der Verfassungsreform im Jahr 2019 nicht mehr bestanden. Damit werden die Grundrechte verletzt.
  • Immobilienwerte müssen entweder anhand zahlreicher Kriterien genau bewertet oder in einfachen, gleichheitsgerechten Pauschalierungen steuerlich bemessen werden. Das Bundesgesetz wählt aber einen verfassungswidrigen Mittelweg. Dabei werden individuelle Umstände nicht berücksichtigt.
  • Wie hoch die tatsächliche Belastung sein wird, entscheidet sich erst dann, wenn die Hebesätze von den Kommunen festgelegt wurden. Dann werden die meisten Grundlagenbescheide aber schon bestandskräftig sein. Es droht eine Rechtsschutzlücke.

Wir erinnern uns: Die Politik hatte versprochen, die Grundsteuerreform solle aufkommensneutral sein und deshalb die Kommunen aufgerufen, ihre Steuersätze entsprechend abzusenken. Es bleibt also spannend.

 



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