Wer eine Wohnung vermietet, muss grundsätzlich nur die im Mietvertrag genannte Person in seiner Wohnung als Bewohner aufnehmen – oder dessen nahe Verwandten wie Ehepartner und Kinder. Die Anzahl der Bewohner ist allerdings bezogen auf die Wohnfläche auch durch die Wohnungsaufsichtsgesetze der Bundesländer und die Rechtssprechung begrenzt. Das Amtsgericht München entschied nun, ab wie viel Personen eine 26 Quadratmeter große Wohnung „überbelegt“ ist.
München ist Deutschlands teuerster Wohnort. Wer wenig verdient, der muss eng zusammenrücken, damit man sich dort ein Dach über dem Kopf leisten kann. Ein aktuelles Urteil zeigt, dass auch dies keine Gewährleistung bietet, den Wohnraum zu behalten.
Ein Mann hatte im Jahr 2011 eine knapp 26 Quadratmeter große Ein-Zimmer-Wohnung mit Küchenzeile und Kellerabteil gemietet. Er bezog sie mit seiner Frau und ihrem Baby. Dafür musste er zuletzt inklusive Betriebskosten 350 Euro im Monat bezahlen. 2013 wurde ein weiteres Kind geboren – die Familie rückte enger zusammen und bewohnte nun zu viert das kleine Apartment. Dies passte jedoch nicht allen Beteiligten. Weil der Mietvertrag die Klausel enthielt, dass der Mieter "aufgrund der geringen Größe der Wohnung" nicht berechtigt sei, andere Personen als den Ehepartner bei sich wohnen zu lassen, forderte die Hausverwaltung den Mieter auf, "die Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen zu reduzieren". Als er darauf nicht reagierte, gab es die Kündigung vom Vermieter - und schließlich eine Räumungsklage.
12 m² Wohnraum pro Person gilt als Faustregel.
Das Amtsgericht München entschied in einem nun veröffentlichten Urteil (AG München, Urteil v. 29.4.2015, 415 C 3152/15), dass die Kündigung rechtmäßig war.
Der Mieter habe durch die Überbelegung gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen. "Als Faustregel könne gelten, dass keine Überbelegung vorliegt, wenn auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils rund zwölf Quadratmeter entfällt (…) oder durchschnittlich zehn Quadratmeter pro Person bei der Unterbringung von Familien gegeben sind (…)", so das Gericht. Diese Richtwerte seien im vorliegenden Fall weit überschritten, da auf eine Person gerade einmal rund vier Quadratmeter Wohnfläche kommen.
Als Bezieher mit geringem Einkommen dürfte es für den gekündigten Mieter schwierig werden, eine andere Wohnung – zumal mit einer nach dem Urteil festgelegten ausreichenden Größe am Münchner Wohnungsmarkt zu bekommen.
Der Münchner Mieterverein hält das Urteil für „sehr fragwürdig“, heißt es in einer Mitteilung. Für eine Kündigung wegen Überbelegung müsse die Mietsache gefährdet sein. Es sei nicht nachvollziehbar, wie von zwei Kindern eine solche Gefährdung ausgehen solle.
Aktuell wird in häufigen Urteilen der Rechtsprechung argumentiert, dass für jede Person etwa acht bis zehn Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung stehen sollten. heißt: Sind diese Werte sind unterschritten, liegt eine Überbelegung vor. Dieser allgemeine Grundsatz wird allerdings durch die Wohnungsaufsichtsgesetze der Bundesländer konkretisiert, die jedoch zum Teil Unterschiede aufweisen.
In Bayern legt das Wohnaufsichtsgesetz fest, dass mindestens zehn Quadratmeter Wohnfläche für jede Person bereitstehen müssen. Für Kinder bis sechs Jahren reichen sechs Quadratmeter. Einzelne Wohnräume dürfen nur ab sechs Quadratmetern einer Person dann überlassen werden, wenn ausreichend Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen. Wenn eines der beiden Kriterien nicht eingehalten wird, gilt die Wohnung als überbelegt. Dann muss die Gemeinde - in der Regel auf Veranlassung des Vermieters - entscheiden, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt so viele Bewohner die Wohnung zu räumen haben, dass beide Kriterien erfüllt werden. Stehen familiäre Belange der Räumung einzelner Bewohner entgegen, kann die Gemeinde verlangen, dass alle Bewohner ausziehen.
Anders geregelt ist beispielsweise in Hessen oder in Berlin die Überbelegung. Für jede Person müssen dort neun Quadratmeter Wohnfläche verfügbar sein, obwohl beispielsweise die Durchschnittsmieten in Berlin und Frankfurt geringer sind als die in München – es in München also für einkommensschwache Familien schwieriger ist, nicht gegen die Überbelegungs-Regelung zu verstoßen.
Für Vermieter, die ursprünglich ihre Wohnung nur an eine begrenzte Anzahl von Bewohner vermieten wollten und die eventuell wegen einer Überbelegung Ärger von anderen Mietern bekommen, kann eine Überbelegung jedoch auch zum Problem werden. Kann der Vermieter beweisen, dass eindeutig gegen das in seinem Bundesland geltende Wohnungsaufsichtsgesetz verstoßen wird und gelingt es ihm nicht, die zuständige Behörde zum Handeln zu bewegen, kann er prinzipiell fristlos oder ordentlich kündigen. In der Rechtspraxis wird aber die fristlose Kündigung nur schwer durchsetzbar sein.
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