Bei Streitigkeiten mit Handwerkern und bei Materialfehlern greifen die Auftraggeber vor Gericht häufig auf die Gutachten von Sachverständigen zurück. Nun musste der Bundesgerichtshof (30. April 2014 – VIII ZR 275/13) sich damit beschäftigten, wer in einem solchen Fall die Gutachterkosten trägt.
Ein Hauseigentümer in Andernach bei Koblenz kaufte ein Massivholzfertigparkett, das er anschließend von einem Schreiner in seinem Wohnhaus verlegen ließ. Der Handwerker ging dabei nach einer vom Händler mitgelieferten Verlegeanleitung des Herstellers vor. Nach der Verlegung wölbte sich jedoch das Parkett. Der Händler sah die Ursache nach Rücksprache mit dem Hersteller in einer „zu geringen Raumfeuchtigkeit“. Er wies daher die Mängelrüge des Käufers zurück. Dieser holte sich daraufhin ein Privatgutachten ein. Danach sei die Veränderung des Parketts auf eine in diesem Fall ungeeignete, in der Anleitung aber als zulässig und möglich empfohlene Art der Verlegung zurückzuführen. Auf der Grundlage des Gutachtens klagte der Käufer vor dem Amtsgericht Andernach erfolgreich die Minderung des Kaufpreises um 30 Prozent ein. Die Sachverständigenkosten sollte der Parketthändler nach Willen des Andernacher Richters aber nicht bezahlen, weshalb der Käufer in die Berufung ging und vom Landgericht Koblenz auch den Ersatz der Sachverständigenkosten zugesprochen bekam. Dieses Urteil ließ wiederum der Parketthersteller als „Streithelfer“ nicht auf sich beruhen und strebte vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Revision an. Die Karlsruher Richter entschieden jedoch ebenfalls zu Gunsten des Käufers.
Der Bundesgerichtshof hatte bereits in der Vergangenheit Urteile auf Erstattung der Kosten von Privatgutachten gefällt und sich dabei auf einen Passus des Bürgerlichen Gesetzbuches bezogen (§ 439 Abs. 2 BGB). Danach hat „der Verkäufer ... die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen ... zu tragen.“ Die Karlsruher Richter sehen darin auch die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens abgedeckt. Daran ändere auch nichts, dass der Händler aufgrund des vorhergegangenen Urteils den Kaufpreis gemindert habe. „ Denn ob derartige Aufwendungen anschließend tatsächlich zu einer erfolgreichen Nacherfüllung führen, ist für den zuvor bereits wirksam entstandenen Ersatzanspruch ohne Bedeutung, wenn der Mangel und die dafür bestehende Verantwortlichkeit des Verkäufers feststehen“, so die Begründung des Gerichts.
Die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes stützt Bauherren und Hauseigentümer, die bei Baumängeln oder Materialfehlern ein privates Gutachten einholen. Für Auftraggeber empfiehlt es sich daher, in solchen Fällen im Zweifel einen Sachverständigen einzuschalten, da der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllungspflicht dessen Kosten erstatten muss.
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