Wer Karl Schmidt heißt, muss sich gewöhnlich damit abfinden, dass sein Name eher Sammelbegriff als individuelle Bezeichnung ist. Was tun? Man könnte ein "Rottluff" anhängen und ein berühmter expressionistischer Künstler werden - wie es der bekannteste Sohn des Chemnitzer Stadtteils mit dem schönen Namen Rottluff getan hat.
Die Straßensiedlung und die Hauptverkehrsachse
In Karl Schmidts Geburtsjahr 1884 war Rottluff ein typischer Vorort von Chemnitz und bestand lediglich aus ein paar Dutzend Häusern. In dieser Zeit entwickelte sich das Dorf zu einer Wohnsiedlung der Chemnitzer Arbeiter. Nach und nach ließ sich auch Handwerk und Industrie nieder. Einige Baulücken wurden geschlossen, ohne dass Rottluff dadurch seinen ländlichen Charakter verloren hätte. Besonders nördlich der Limbacher Straße nimmt die Bebauung abrupt ab und die Landschaft geht in mehrere Kilometer freies Feld über. Dieses Idyll wird jedoch durch zwei Straßen getrübt: durch die A72 im Westen und die alte Limbacher Straße, die Rottluff in west-östlicher Richtung durchquert.
Die Limbacher Straße ist trotz Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h nach wie vor eine viel befahrende Hauptverkehrsachse. Das wird sich wohl erst ändern, wenn die von ihr abzweigende Kalkstraße vollständig ausgebaut ist. Immerhin ist die Anschlussstelle Chemnitz-Rottluff auf die A 72 seit 2009 fertig gestellt. Der vollständige Ausbau wird möglicherweise nicht nur die Verkehrssituation, sondern auch die wirtschaftliche Lage Rottluffs verbessern, da dann das unmittelbar südlich der Kalkstraße befindliche größere Gewerbegebiet direkt an den Verkehr angeschlossen wird.
Man kennt einander
Der Vorort Rottluff hat rund 1.000 Einwohner und grenzt an die Stadtteile Röhrsdorf, Altendorf, Schönau, Siegmar und (Nieder-)Rabenstein. Die Bebauung ist locker und besteht mehrheitlich aus Einfamilien- und kleineren Mehrfamilienhäusern. Etwa ein Viertel aller Häuser stammt aus der Zeit vor 1900 und seit 1990 kamen nur rund 40 Neubauten, mehrheitlich Einfamilienhäuser, hinzu. Tatsächlich gibt es einige schöne Höfe und Altbauten in Rottluff, wie beispielsweise das ehemalige Rathaus, das jetzt als Mehrfamilienhaus fungiert.
Mit rund 18 Prozent der unter 20-Jährigen und knapp 60 Prozent der über 60-Jährigen hat Rottluff eine relativ ausgeglichene Altersstruktur. Die Arbeitslosenquote liegt mit sieben Prozent deutlich unter dem städtischen Durchschnitt und zwei von drei Rottluffern haben sich zur Eheschließung entschieden. Folgerichtig gibt es eine neue Grundschule im Jugendweg 1a und die alte wird derzeit als Wohngebäude für altersgerechtes Wohnen umgebaut. Weiterführende Schulen, Einkaufsmöglichkeiten usw. müssen jedoch in den benachbarten Stadtteilen aufgesucht werden, was wegen der guten Anbindung an die CVAG unproblematisch ist; in Rottluff verkehren die Busse der Linien 32, E 32 und 72.
Rottluff ist eine verschworene und stellenweise sehr hübsche ländliche Gemeinde. Sollte das Verkehrsproblem in nächster Zeit gelöst werden, dann könnte der Vorort im Westen von Chemnitz besonders für Familien mit Kindern ein Idyll werden.
Volker Tzschucke
Dieser Insider-Tipp spiegelt nur die Meinung des Autors wider.