Anfechtung des Mietvertrages wegen Falschangaben?
Expertentipp vom Hauseigentümerverein Berlin e.V.
Kann der Vermieter den Mietvertrag im Nachhiniein wegen Falschangaben durch den Mieter anfechten?
Selbstauskunft: Was darf der Vermieter abfragen?
In der Praxis füllt der Mietinteressent vor Vertragsschluss einen vom Vermieter vorgelegten Bewerbungsbogen aus, in dem er über sich Auskunft erteilen soll. Die rechtlich zulässigen Fragen muss der Wohnungsbewerber wahrheitsgemäß beantworten. Dazu gehören neben den Angaben zur Person (Name, Alter, bisherige Anschrift u. ä.) auch solche zu seiner finanziellen Situation. Denn der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse daranb, im Vorfeld zu erfahren, ob der Bewerber solvent ist. Fragen zur religiösen oder sexuellen Orientierung muss ein Wohnungsbewerber nicht (wahrheitsgemäß) beantworten, weil dies die Interessen des Vermieters nicht berührt.
Der Fall: Wohnungsbewerber lügt bezüglich seiner Finanzen
Im konkreten Fall hatte der Mieter im Fragebogen des Vermieters in 08/2008 versichert, dass keine „sonstigen überfälligen privaten oder geschäftlichen Verpflichtungen" bestehen. Der Vermieter schloss daraufhin einen unbefristeten Mietvertrag mit ihm. Wie sich später jedoch herausstellte, hatte der Mieter bereits im Jahr 2006 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bestand diese auch noch. Später wurde dann über das Vermögen des Mieters ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die offenen Forderungen beliefen sich auf knapp 50.000 Euro.
Anfechtung des Mietvertrages trotz Einzug vor sieben Jahren?
Als der Vermieter hiervon erfuhr, focht er den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung über die Vermögensverhältnisse an und verlangte die Rückgabe der Wohnung. Der Mieter war der Ansicht, dass dies treuewidrig und damit unzulässig sei. Denn schließlich habe er über Jahre die Miete vollständig gezahlt.
Das Urteil: Anfechtung des Mietvertrages ist rechtmäßig!
Die Anfechtung eines Mietvertrages ist auch möglich, wenn dieses bereits besteht bzw. vollzogen ist. Dies ergibt sich bereits aus der gesetzlich vorgeschriebenen Anfechtungsfrist, die im Fall der arglistigen Täuschung ein Jahr beträgt (§ 124 Abs. 1 BGB). Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Es sei bewiesen, dass der Vermieter erst in 07/2015 hiervon Kenntnis erlangt habe. Denn der Vermieter hatte versucht, eine offene Betriebskostennachzahlung zur Insolvenztabelle anzumelden. Die vom Vermieter deswegen beauftragte Detektei habe dies erst für ihn herausgefunden und mitgeteilt.
Somit habe der Vermieter fristgerecht den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Es sei auch nicht treuewidrig, den seit Jahren bestehenden Mietvertrag anzufechten. Denn der Vermieter habe ein Interesse daran, dass auch zukünftig pünktlich Miete entrichtet werde. Das Risiko eines Zahlungsausfalls bestehe nach wie vor, da die Konten des Mieters immer noch gepfändet sind.
Landgericht Berlin, Urteil vom 27.03.2018, AZ: 63 S 163/17
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