Der Beleihungswert ist die Grundlage für die Darlehenshöhe und spielt eine wichtige Rolle bei der Immobilienfinanzierung. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Banken den Beleihungswert berechnen und wie er die Zinskonditionen beeinflusst.
- Der Beleihungswert ist die Grundlage für die Darlehenshöhe und wird von einem Sachverständiger festgelegt.
- Der Beleihungswert reflektiert den Wert eines Objektes aus der Sicht des Kreditinstituts. Immobilien mit einem voraussichtlichen Wert über 400.000 Euro müssen von einem Gutachter vor Ort untersucht werden.
- Bei der Anschlussfinanzierung ist der Beleihungswert ein wichtiger Faktor für die Zinskonditionen.
Der Beleihungswert ist nach §12 des Hypothekenbankgesetzes ein Wert, der
- den Verkaufswert nicht übersteigen darf
- langfristig Merkmale der Immobilie berücksichtigt
- nur dauernde Eigenschaften des Grundstücks und den Ertrag berücksichtigt, ohne spekulativ zu sein und
- den regionalen Markt berücksichtigt
Den Beleihungswert stellt ein Sachverständiger fest. Die Höhe beträgt in der Regel 70% bis maximal 90% des Preises, der für ein Objekt zu erzielen ist. Bei einer Immobilie mit einem Verkehrswert von 300.000 Euro kann der Beleihungswert also zwischen 210.000 Euro und 270.000 Euro liegen. Als Sicherheit für die Vergabe eines Darlehens für den Kauf oder Bau von Immobilien dient das zu finanzierende Grundstück selbst. Die maximale Kredithöhe richtet sich nach dem Beleihungswert und der Beleihungsgrenze des Objekts. Der Beleihungswert ist somit ein wichtiges Instrument zur Finanzierungsplanung.
Der Beleihungswert wird ausführlich im Pfandbriefgesetz (PfandBG) behandelt, das seit dem Jahr 2005 gilt.
Auf dieser Grundlage wurde die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) erlassen. In der Verordnung sind für Beleihungswerte die relevanten Aspekte wie zu den Gutachten, Gutachtern oder den Wertermittlungsverfahren beinhaltet. Sämtliche Legaldefinitionen zielen im Kern darauf ab, dass stets ein von Preisschwankungen bereinigter Wert die sichere Untergrenze von Verkehrs- oder Marktwert bildet.
Zur Wahrung der Sicherheitsbedürfnisse von Kreditgebern und Kreditnehmern lassen sich wesentliche Anforderungen an den Beleihungswert ableiten. Unter anderem soll er demnach möglichst lang gelten, die nachhaltige Vermietbarkeit und Verkäuflichkeit sollten sorgfältig eingeschätzt und die Nutzbarkeit und Verwendbarkeit genau geprüft werden.
Banken müssen sich bei der Ermittlung des Beleihungswerts an der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) orientieren. Immobilien mit einem voraussichtlichen Wert über 400.000 Euro müssen von einem Gutachter vor Ort untersucht werden. Liegt der Wert voraussichtlich darunter, setzt jede Bank ein Wertermittlungsverfahren, ähnlich dem Verkehrswertverfahren, ein.
Die Kosten für die Ermittlung des Beleihungswertes muss die Bank tragen und dürfen nicht auf den Kreditnehmer abgewälzt werden. (siehe Az.: 20 O 9/07)
- Das Vergleichswertverfahren: Der Wert ergibt sich durch eine Gegenüberstellung mit vergleichbaren Objekten.
- Das Sachwertverfahren: Der Sachwert setzt sich aus dem Bau- und Bodenwert der Immobilie zusammen. Das Verfahren wird meist bei selbstgenutzten Immobilien benutzt.
- Das Ertragswertverfahren: Der Ertragswert ergibt sich bei vermieteten Objekten aus den jährlichen Mieteinnahmen abzüglich aller Kosten, multipliziert mit dem Kapitalisierungsfaktor
Der Beleihungswert reflektiert den Wert eines Objektes aus der Sicht des Kreditinstituts. Relevant ist dies, da der Marktwert für den Zeitraum der Beleihung nicht unter dem vorher ermittelten Beleihungswert liegen darf. Aus diesem Grund wird vom Marktwert ein Sicherheitsabschlag zum Beleihungswert abgezogen. Und von diesem wird zur Abdeckung weiterer Risiken der Kreditsicherheit noch einmal ein Sicherheitsabschlag abgezogen – im Ergebnis wird auf diese Weise die Beleihungsgrenze ermittelt.
Wird der Beleihungswert nicht unmittelbar durch das Beleihungswertgutachten festgelegt, orientieren sich Banken in der Regel am Verkehrswert abzüglich eines Sicherheitsabschlags von 10 bis 20 Prozent.
Verkehrswert der Immobilie 300.000 Euro
– Sicherheitsabschlag (15%) 45.000 Euro
= Beleihungswert 255.000 Euro
Vom Beleihungswert wird dann noch einmal ein weiterer Sicherheitsabschlag abgezogen. Jede Bank entscheidet individuell, wie hoch dieser Abschlag – die sogenannte Beleihungsgrenze – ausfällt. In den meisten Fällen beträgt die Beleihungsgrenze 40 bis 80 Prozent des Beleihungswerts.
Daraus ergibt sich für unser Beispiel folgende Beleihungsgrenze, wenn ein Abschlag von 60 Prozent angesetzt wird:
Verkehrswert der Immobilie 300.000 Euro
Beleihungswert 255.000 Euro
Beleihungsgrenze 153.000 Euro (60% vom Beleihungswert)
Damit ergibt sich ein Betrag von 153.000 Euro, den Ihre Bank als Baufinanzierungsdarlehen gewährt.
Verkehrswert und Sicherheitsabschlag können von der Bank relativ variabel festgelegt werden. In manchen Fällen lohnt es sich deshalb, mit Ihrer Bank über den Beleihungswert der Immobilie zu verhandeln. Als Gründe für einen höheren Beleihungswert lassen sich beispielsweise ein eigenes, objektives Verkehrswertgutachten, Modernisierungsmaßnahmen und gehobene Sonderausstattungen anführen.
Wenn die Erstfinanzierung abgeschlossen ist, folgt die zweite Finanzierungsrunde – die sogenannte Anschlussfinanzierung. Eine Anschlussfinanzierung wird immer dann notwendig, wenn nach der ersten Zinsbindung eine Restschuld bestehen bleibt. Für die Summe der Restschuld wird dann ein neues Darlehen entweder bei der „alten“ Bank oder bei einem anderen Kreditinstitut abgeschlossen.
Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Möglichkeiten der Anschlussfinanzierung:
- Prolongation (Verbleib bei der „alten“ Bank)
- Umschuldung (Wechsel zu einer anderen Bank)
- Forward-Darlehen (Zinssicherung inklusive Bankwechsel)
Für das Anschlussdarlehen ist der Beleihungswert der Immobilie ein wichtiger Faktor für die Zinskonditionen.
Häufig wird für die Immobilie im Rahmen der Anschlussfinanzierung ein neues Gutachten erstellt. Für das Anschlussdarlehen ist dieses Gutachten deshalb so wichtig, weil damit einerseits der Objektwert der Immobilie neu festgelegt wird und sich andererseits die Konditionen der Anschlussfinanzierung entsprechend ändern.
Liegt der Verkehrswert – und mit ihm auch der Beleihungswert – der zu beleihenden Immobilie aufgrund bestimmter Faktoren beispielsweise höher als zu Beginn der Erstfinanzierung, wird sich dies zugunsten besserer Zinskonditionen auswirken.
Der Grund: Für die Bank besteht ein geringeres finanzielles Risiko, falls der Darlehensnehmer die monatlichen Zins- und Tilgungsraten nicht mehr zahlen kann.
Daraus lässt sich also folgenden Faustformel ableiten:
➜ Je höher der Beleihungswert der zu beleihenden Immobilie im Verhältnis zum Darlehensbetrag der Anschlussfinanzierung ist, desto bessere Zinskonditionen können Sie dann bei Kreditinstituten erhalten.
Der Beleihungswert ist zunächst einmal kein ewig feststehender Wert, der unveränderlich ist. Er hängt, neben dem Sicherheitsabschlag der Bank, größtenteils vom Verkehrswert (wenn selbstgenutzt) beziehungsweise vom Ertragswert (wenn vermietet) einer Immobilie ab.
➜ Das heißt also: Der Beleihungswert einer Immobilie steigt und sinkt mit dem Wert der Immobilie. Aber welche Faktoren beeinflussen den Immobilienwert?
- Baujahr
- Grundstückswert
- Bausubstanz und Bauweise
- Energetische Ausstattung
- Lage/Infrastruktur
- Balkone/Gärten/Aufzüge
- Stockwerk (bei Wohnungen)
- Größe der Wohnfläche
- Raumaufteilung/Raumbeschaffenheit
- Besondere Ausstattungsmerkmale/Einrichtungsgegenstände
- Modernisierungs- sowie Sanierungsmaßnahmen
- Allgemeines Mietniveau in bestimmter Lage (bei vermieteten Objekten)
Besonders in Großstädten, wie München, Hamburg oder Köln, sind die Miet- sowie Immobilienpreise in den letzten Jahren rasant angestiegen. Wer also zum Beispiel vor rund 20 Jahren eine Immobilie in einer dieser Großstädte erworben hat und nun eine Anschlussfinanzierung vornehmen muss, dürfte sehr gute Bedingungen für günstige Zinskonditionen vorfinden.
➜ Egal, ob Prolongation, Umschuldung oder Forward-Darlehen: Ein neues Gutachten für die Wertermittlung der Immobilie ist also ein Muss! Im Regelfall ist zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung ein großer Betrag des Immobiliendarlehens bereits getilgt, sodass die noch zu tilgende Restschuld im Verhältnis zum Wert der Immobilie sehr gering ist.
Um die optimalen Zinskonditionen für eine Anschlussfinanzierung zu erhalten, sollten Sie also mehrere Angebote verschiedener Kreditinstitute und Banken miteinander vergleichen.
Schon geringe Zinsunterschiede können vor allem bei größeren Restschuldsummen bis zu mehrere tausend Euro bedeuten. Eine Beispielrechnung:
|
Angebot 1 |
Angebot 2 |
Restschuldsumme |
80.000,00 € |
80.000,00 € |
Monatliche Rate |
386,67 € |
393,33 € |
Sollzins p.a. |
1,50% |
1,70% |
Zinsbindung |
20 Jahre |
20 Jahre |
Zinszahlungen gesamt |
12.623,44 € |
14.430,10 € |
In diesem Fall ergibt ein Zinsunterschied von 0,20 Prozent eine Ersparnis von exakt 1.806,66 Euro. Vergleichen lohnt sich also!
Sondertilgungen werden häufig unterschätzt! Prüfen Sie bei Anschlussfinanzierungsangeboten, ob neben den monatlichen Tilgungsraten Sondertilgungen möglich sind. So können Sie zusätzlich Zinskosten sparen!
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