Ein Vermieter kündigte seinen Mietern, weil das Paar die Wohnung zum Dreh von pornografischen Videoclips nutzte. Es gab auch anstößige Filmszenen auf dem Balkon sowie im Treppenhaus. Ist die Kündigung gerechtfertigt?

Woran erkennen Vermieter:innen, was ein angeblich verheiratetes Paar in einer Wohnung und deren Umfeld treiben will? Von Anfang an plante ein Pärchen die angemietete Wohnung zum Dreh von Pornos zu nutzen, die dann aus der Wohnung heraus im Internet vermarktet werden.

Im Treppenhaus und auf dem Balkon

Gedreht wurde in der Wohnung, auf dem Balkon und im Treppenhaus. Die lautstarken sexuellen Aktivitäten in der Wohnung wurden von Nachbarn als häusliche Gewalt gedeutet und der Polizei gemeldet. Das Fass zum Überlaufen brachte allerdings erst ein Dreh im Treppenhaus, bei dem die Mieterin ihr „kleines Geschäft“ verrichtete. Zwar wurde darauf geachtet, dass sich niemand im Treppenhaus befand und das Pfützchen wurde auch wieder aufgewischt. Doch das machte die Sache nicht ungeschehen. Eine ähnliche Szene mit einem Speiseeis war auch auf dem Balkon gedreht worden.

Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Dabei stützte er sich darauf, dass die Wohnung nicht nur zu Wohnzwecken genutzt würde. Durch den Erbbauvertrag mit der katholischen Kirche sah sich der Vermieter in der Pflicht, Verstöße gegen die katholische Sittenlehre zu unterbinden. Aus seiner Sicht war eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar.

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Amtsgerichts Lüdinghausen: Mieter:innen dürfen bleiben

Die Richter vom Amtsgericht Lüdinghausen kamen allerdings zu dem Schluss, dass die Mieter:innen nicht zur Räumung des Objekts verpflichtet seien. Die unrichtigen Angaben zum Familienstand waren zwar eine arglistige Täuschung, aber da schon die Frage nach dem Familienstand unzulässig war, ist die Täuschung nicht rechtswidrig.

Weiterhin sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch eine geschäftliche Aktivität der Mieter:innen in der Wohnung, die nicht nach außen in Erscheinung tritt, in Räumen erlaubt ist, die "ausschließlich zu Wohnzwecken" vermietet werden. Porno-Drehs sowie die Vermarktung von pornografischen Clips in der Wohnung und auf dem Balkon stellen noch Wohngebrauch dar. Nichts davon dringe erkennbar nach außen, daher sei nicht zu befürchten, dass das Objekt „in Verruf“ geraten und an Wert verlieren könne.

Ohne Abmahnung keine Kündigung

Anders verhält es sich bei dem Dreh im gemeinschaftlich genutzten Treppenhaus. Die fragwürdige Szene hätte von Besucher:innen oder Bewohner:innen gesehen werden können. Zudem stellt die absichtliche Verschmutzung eine durchaus gravierende Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag dar. Allerdings war für das Gericht das Ausmaß für eine Kündigung des Mietverhältnisses ohne Abmahnung noch nicht erreicht.

Wie der Vermieter die Aktivitäten seiner Mieter:innen in seinem eigenen Sittensystem oder dem des (kirchlichen) Erbbaurechtgeber bewertet, ist für das Gericht irrelevant und nicht Gegenstand des geschlossenen Mietvertrages.

(Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 11.10.2018 - 4 C 76/18)


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