Solange sich Mietende nicht pflichtwidrig verhalten, ist eine fristlose Kündigung durch den Vermietenden nicht gerechtfertigt. Mit einer Kündigung wegen eines langjährig zerrütteten Mietverhältnisses beschäftigte sich der Bundesgerichtshof.


In einem Mehrfamilienhaus in Nordrhein-Westfalen kam es seit 2014 zwischen den Mietenden einer Vier-Zimmer-Wohnung im ersten Obergeschoss und den Vermietenden, die im Erdgeschoss wohnen, regelmäßig zu Auseinandersetzungen. Dabei ging es um Verstöße gegen die Haus- und Reinigungsordnung, Lärmbelästigungen, fehlerhaftes Befüllen und Abstellen von Mülltonnen sowie zugeparkte Einfahrten.

Im Mai 2020 spitzte sich die Situation weiter zu. Die Mietenden hatten eine Strafanzeige wegen Verleumdung gegen ihre Vermietenden gestellt. Darin wehrten sie sich gegen ein Schreiben ihrer Vermietenden an eine im Haus lebende Familie türkischer Herkunft. Darin wurde behauptet, die Mietenden aus dem Obergeschoss hätten sich über die Familie rassistisch geäußert. Darüber hinaus gab es weitere Fälle von verbalen Entgleisungen. 

Vermietende kündigen wegen zerrüttetem Mietverhältnis

Die Vermietenden nahmen die gegen sie gerichtete Strafanzeige sowie das “zerrüttete” Mietverhältnis zum Anlass, im November 2020 die außerordentliche fristlose, hilfsweise die fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses auszusprechen. Allerdings erfolglos. 

Das Amtsgericht Brühl wies die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage ab. Und auch das Landgericht Köln entschied gegen die Berufung. Die Vermietenden wollten dennoch nicht aufgeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgten sie ihr Ziel weiter bis zum Bundesgerichtshof (BGH).

Zerrüttung allein für Gerichte kein Kündigungsgrund

Aber auch die Revision blieb ohne Erfolg. Die Vermietenden haben keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Denn das Gericht sah keinen wichtigen Grund (im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB) für eine fristlose Kündigung. Zwar sei das Mietverhältnis durch die zahlreichen Vorkommnisse im Laufe der Jahre zerrüttet. Dennoch sei ein pflichtwidriges Verhalten der Mietenden nicht feststellbar.

Mit der von ihnen gestellten Strafanzeige hatten sie weder denunziatorisch noch pflichtwidrig gehandelt. Denn der Vorwurf, die Vermietenden hätten Unzutreffendes behauptet, entsprach – wie sich im Prozess herausstellte – der Wahrheit.

Kein Kündigungsrecht aus § 573a Abs. 1 BGB

Auch der Vorschrift des § 573a Abs. 1 BGB kann nicht entnommen werden, dass bei einem Dauerkonflikt – unabhängig von dessen Ursachen – die Mietenden fristlos gekündigt werden können. Denn diese Vorschrift regelt lediglich die ordentliche Kündigung des Vermietenden bei einem von ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen. 

Zur außerordentlichen fristlosen Kündigung bei einem Mehrfamilienhaus, wie im konkreten Fall, trifft die Vorschrift keine Aussage.

(BGH, Urteil vom 29. November 2023 - VIII ZR 211/22)   

Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten).



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