Für die Finanzierung von Prozessen werden in der Regel zeitnah finanzielle Mittel benötigt. Auch wer über eine Immobilie verfügt, kann deshalb nicht immer die für einen Rechtsstreit erforderlichen Gelder vorstrecken. Ein Immobilieneigentümer aus Haltern beantragte daher bei einem Familiengericht Verfahrenkostenhilfe.
Ein 50-jähriger Mann aus Haltern begehrt Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverteidigung in einem familiengerichtlichen Verfahren. Er ist Eigentümer eines Dreifamilienhauses in Haltern, das er selbst bewohnt. Die beiden weiteren Wohnungen sind vermietet. Das Haus ist mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 100.000 Euro belastet. Der Antragsgegner lebt von monatlichen Mieteinnahmen in Höhe von 1.000 Euro sowie geringen jährlichen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit.
Die vom Antragsgegner beantragte Verfahrenskostenhilfe wurde vom zuständigen Amtsgericht – das Familiengericht Marl – mit der Begründung abgelehnt, der Antragsgegner könne sein Immobilienvermögen zur Finanzierung der Verfahrenskosten einsetzen. Dieses sei kein sogenanntes Schonvermögen. Er könne das Haus verkaufen oder beleihen. Sein Wert überschreite die auf dem Haus lastenden Verbindlichkeiten. Gegen diese Entscheidung legte der Immobilieneigentümer jedoch Beschwerde beim Oberlandesgericht Hamm ein.
OLG Hamm: Auch Immobilieneigentümer haben unter bestimmten Umständen Anspruch auf Prozesskostenhilfe
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die vom Amtsgericht versagte Verfahrenskostenhilfe war in der höheren Instanz aber tatsächlich erfolgreich. Der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm bewilligte dem Antragsgegner eine ratenfreie Verfahrenskostenhilfe. Die Entscheidung des Amtsgericht Marl sei daher abzuändern. Nur wenn sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners änderten, sei zu prüfen, ob noch eine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werde. Grundsätzlich sei zwar eine Partei bei einem Rechtsstreit verpflichtet, Vermögen zur Finanzierung der Verfahrenskosten einzusetzen, aber nur soweit ihr dies möglich und zumutbar sei.
Das gelte auch für Vermögen, das nicht als Schonvermögen zu behandeln sei. Unter Schonvermögen versteht der Gesetzgeber Vermögen eines Beteiligten eines Rechtsstreites, dass er nicht zur Finanzierung des Prozesses einsetzen muss. Die vermietete Immobilie gehört allerdings nicht dazu. Wenn die Immobilie erst später einsetzbar oder verwertbar werde, könne die Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe immer noch abgeändert werden.
Aktuell verfüge der Antragsgegner aber nicht über ein einsetzbares Vermögen. Sein Dreifamilienhaus sei zwar kein Schonvermögen mehr, jedoch komme seine umgehende Verwertung nicht in Betracht. Zum einen sei nicht zu erwarten, dass die noch als Miteigentümerin des Hauses eingetragene Ehefrau, die das familiengerichtliche Verfahren gegen ihren Mann anstrengt, einer Veräußerung ohne weiteres zustimme, weil die mit der Scheidung zu klärenden güterrechtlichen Fragen gerade erst geregelt worden seien und der Antragsgegner der Antragstellerin noch eine Ausgleichszahlung für die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem Haus schulde.
Zum anderen sei dem Antragsgegner aber auch gegenwärtig eine Verwertung des Dreifamilienhauses durch einen Verkauf der Immobilie nicht zumutbar. Denn mit einem Verkauf verliere der Antragsgegner seine aktuelle Lebensgrundlage. Wirtschaftlich sei er auf die Eigennutzung einer Wohnung in dem Haus sowie auf die Mieteinnahmen aus der Vermietung der beiden anderen Wohnungen angewiesen. Neben der Veräußerung scheide auch eine Beleihung des Objekts zum Zwecke der Darlehensaufnahme aus. Der Antragsgegner sei ausweislich seiner aktuellen Einkommensverhältnisse nicht in der Lage, ein weiteres Darlehen aufzunehmen und die Darlehensraten zurückzuzahlen. Nach seiner derzeitigen Situation bleibe daher im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeverfahrens allein die Möglichkeit, die Zahlung aus dem Vermögen des Antragsgegners für den Fall einer wesentlichen Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse vorzubehalten.
Auch für Eigentümer von Immobilien, die nicht dem Schonvermögen zugerechnet werden, empfiehlt es sich bei finanziellen Schwierigkeiten bei wichtigen Rechtsstreitigkeiten Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Das aktuelle Urteil des OLG Hamm unterstützt dabei die Auffassung, dass ein Vermögen in Immobilien nicht in jedem Fall für die Prozessfinanzierung dienlich ist oder unter zumutbaren Umständen dafür liquidierbar ist.
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