Wenn eine Immobilie inklusive Nebenkosten vollständig und ohne Eigenkapital durch einen Kredit finanziert wird, sprechen Immobilienexperten von Vollfinanzierung. Jede Immobilienfinanzierung ist mit Finanzierungskosten verbunden, wie Zinsen, Bearbeitungsgebühren, Bereitstellungsgebühren und  Nebenkosten. Normalerweise zahlen Immobilienkäufer:innen zumindest die Nebenkosten aus eigener Tasche.



importantpoints
Das Wichtigste in Kürze
  • Die echte Vollfinanzierung ist die sogenannte 110-prozentige Finanzierung.

  • Für Kreditnehmer:in und Bank ist diese Finanzierungsmethode mit Risiken verbunden.

  • Bei der Vollfinanzierung ohne Eigenkapital dauert die Rückzahlung länger als eine Immobilienfinanzierung mit Eigenkapital.

  • Eine Vollfinanzierung ohne Eigenkapital kommt für Personen mit einem gesicherten Einkommensverhältnis und einer guten Bonität infrage.

Die 100- und die 110-prozentige Finanzierung

Bei der 100-prozentigen Finanzierung leihst du dir nur Geld in Höhe des Kaufpreises deiner Wunschimmobilie. Bei einer 100-Prozent-Finanzierung finanzierst du die Nebenkosten selbst. Die Nebenkosten können einen großen Einfluss auf dein Budget haben. An folgende Nebenkosten solltest du unbedingt denken: Grunderwerbsteuer, Notarkosten, Grundbuchkosten, Maklerprovision, Nebenbaukosten und ganz wichtig: Finanzierungskosten. Das sind die Kosten, die während der Baufinanzierung entstehen, das sind beispielsweise Zinsen oder Abschlussgebühren.

Eine 100-Prozent-Finanzierung ist aber keine „echte“ Vollfinanzierung. Wenn von einer Vollfinanzierung die Rede ist, ist damit die 110-Prozent-Finanzierung gemeint. Diese wird ungern von Banken vergeben. Das Problem: Den Nebenkosten steht kein Gegenwert gegenüber. Eine 110-prozentige Finanzierung ist möglich. 

1) Wenn du ein hohes Einkommen und eine gute Bonität hast.
2) Wenn du mit mehreren Kreditinstituten finanzierst.
3) Wenn du einen hohen Zins in Kauf nimmst.

Bei einer 110-Prozent-Finanzierung  musst du zunächst für einen Teil des Kaufpreises bei einem Kreditinstitut „normalen“ Baukredit beantragen. Dieses Darlehen wird durch die Immobilie abgesichert. Zusätzlich musst du bei einer anderen Bank ein zweites Darlehen aufnehmen. Das ist das sogenannte Nachrangdarlehen. Mit dem Geld finanzierst du den Rest des Kaufpreises und die Nebenkosten.

Wenn du die Raten des Nachrangdarlehen nicht zahlen kannst, wird deine Traumimmobilie zwangsversteigert. Dazu kommt Nachrangdarlehen sind viel teurer als normale Kredite. Wie hoch die Summe des Nachrangdarlehens ist, hängt davon ab, wie viel die erste Bank dir genehmigt.

hint
Tipp

Bei einer Vollfinanzierung ohne Eigenkapital sollten die Konditionen für Zinsbindung und Tilgung genau ausgewertet werden. Auf ImmoScout24 kannst du etwa mit dem Finanzierungsrechner bewerten, ob du die anfallenden monatlichen Belastungen stemmen kann. Nützlich ist für dich auch der Haushaltsrechner , wo neben sämtlichen Einkünften auch detaillierte Informationen zu den laufenden Wohn- und Wohnnebenkosten abgefragt werden, sowie Kosten für Bekleidung, Freizeitaktivitäten, Nahrungs- und Genussmittel, Kommunikation und Mobilität.

Voraussetzungen für eine Vollfinanzierung

Die Vollfinanzierung ohne Eigenkapital ist nicht für jede Person geeignet. Sie setzt voraus, gesicherte Einkommensverhältnissen und eine gute bis sehr gute Bonität voraus. Die Beschaffenheit der Immobilie ist für die Vergabe einer Vollfinanzierung ebenfalls relevant. Ein baufälliges Haus in schlechter Lage wird keine Bank voll finanzieren. Denn: Eine minderwertige Immobilie kann die Bank bei Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers oft nur mit Verlusten weiterverkaufen.

Kosten einer Vollfinanzierung

Nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Kaufnebenkosten können durch ein Darlehen finanziert werden. Hierzu zählen Kaufnebenkosten, die Maklerprovision, Finanzierungskosten und Kosten für beim Immobilienerwerb.

Kaufnebenkosten Finanzierungskosten Kosten beim Immobilienerwerb
Grunderwerbsteuer: Je nach Land und Region wird eine Grunderwerbsteuer fällig, die beim Kauf einer Immobilie entrichtet werden muss. Zinsen: Bei einer Vollfinanzierung fallen Zinsen für das aufgenommene Darlehen an. Diese variieren je nach Zinssatz, Laufzeit und Art des Darlehens. Renovierungs- und Modernisierungskosten: Je nach Zustand der Immobilie können Renovierungs- oder Modernisierungskosten anfallen.
Notarkosten: Die Kosten für den Notar, der den Kaufvertrag beurkundet, müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Bearbeitungsgebühren: Einige Kreditinstitute erheben Bearbeitungsgebühren für die Aufnahme eines Darlehens. Diese können als einmalige Gebühr oder als Teil der monatlichen Raten anfallen. Umzugskosten: Die Kosten für den tatsächlichen Umzug, wie Umzugsunternehmen oder Mietwagen, sollten ebenfalls eingeplant werden.
Grundbuchkosten: Die Eintragung der neuen Eigentumsverhältnisse im Grundbuch ist mit Kosten verbunden. Restschuldversicherung: In einigen Fällen kann eine Restschuldversicherung erforderlich sein, um das Risiko von Zahlungsausfällen bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Tod abzudecken. Diese Versicherung verursacht zusätzliche Kosten. Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben: Es ist ratsam, Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben einzuplanen, da bei einer Immobilie immer mit unerwarteten Reparaturen oder Instandhaltungskosten gerechnet werden sollte.
     

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Warum Banken ungern einer Vollfinanzierung zustimmen

Banken willigen eher einer Finanzierung ein, wenn die Nebenkosten von der:dem Kreditnehmer:in aus eigenen Mitteln finanziert werden. Denn: Den Nebenkosten steht kein Gegenwert gegenüber. Das ist für die Bank mit einem hohen Risiko verbunden. Für Banken gilt nur die Immobilie als Sicherheit – die mitfinanzierten Nebenkosten jedoch nicht. Würde also der Kaufpreis eines Hauses 250.000 Euro betragen und die Kaufnebenkosten beispielhafte zehn Prozent dessen, würde der Bank eine Unsicherheit von 25.000 Euro entstehen. Dieser Betrag bedeutet deswegen eine Unsicherheit für das Kreditinstitut, weil er im Falle einer Insolvenz des Kreditnehmers verloren ginge.

Wer vergibt eine Vollfinanzierung?

Traditionell sind Banken und Hypothekeninstitute die ersten Anlaufstellen für die Baufinanzierung. Aber auch Genossenschaftsbanken und sogar Online-Hypothekenabieter vergeben teilweise Kredite ohne Eigenkapital. Für die Kreditinstitute ist es besonders relevant, dass die:der Kreditnehmer:in eine solide Bonität aufweist. Es ist definitiv von Vorteil, wenn du einen unbefristeten Arbeitsvertrag, ein festes und ein möglichst hohes Einkommen hast. Bei Beamt:innen oder Personen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie eine Vollfinanzierung bekommen. Zudem solltest du möglichst schuldenfrei sein. Du musst die Bank bei einem Wunsch nach einer Vollfinanzierung davon überzeugen, dass deine Bonität hervorragend ist. Das kannst du mit einer Bonitätsauskunft belegen.

Vor- und Nachteile einer Vollfinanzierung

Die Vollfinanzierung einer Immobilie, bei der der gesamte Kaufpreis sowie die Kaufnebenkosten durch Darlehen finanziert werden, bringt einige Vor- und Nachteile mit sich:

✅ Vorteile einer Vollfinanzierung ❌ Nachteile einer Vollfinanzierung
Schnellere Realisierung des Immobilienerwerbs: Die Vollfinanzierung ermöglicht es, eine Immobilie ohne vorherige Ansparphase zu erwerben. Dies kann den Prozess beschleunigen und den Zugang zum Wohneigentum schneller ermöglichen. Höhere Zinskosten: Ohne Eigenkapital kann die Vollfinanzierung zu höheren Zinskosten führen, da die Bank ein höheres Risiko eingeht.
Niedrige Einstiegshürde: Die Vollfinanzierung erfordert kein eigenes Kapital, was den Einstieg in den Immobilienmarkt für Personen erleichtert, die nicht über ausreichende Ersparnisse verfügen. Höhere monatliche Belastung: Die monatlichen Raten können höher ausfallen, da der gesamte Kaufpreis und die Kaufnebenkosten finanziert werden müssen.
Möglichkeit zur Nutzung vorhandener Eigenmittel: Personen, die Eigenmittel für andere Investitionen oder Notfälle vorhalten möchten, könnten von einer Vollfinanzierung profitieren und ihre Ersparnisse für andere Zwecke verwenden. Höheres Risiko bei Wertverlust: Bei einem möglichen Wertverlust der Immobilie besteht ein höheres Risiko, dass der Darlehensbetrag den aktuellen Marktwert übersteigt.
Günstige Zinsbedingungen nutzen: In Zeiten niedriger Zinsen können Kreditnehmer von günstigen Finanzierungskonditionen profitieren. Bei einer Vollfinanzierung können diese niedrigen Zinsen genutzt werden. Beschränkte Flexibilität: Die Finanzierung ohne Eigenkapital kann die Flexibilität in Bezug auf die Rückzahlung und mögliche Sondertilgungen einschränken.
Schnellere Wertsteigerung der Immobilie: Durch den schnellen Immobilienerwerb könnte der Käufer schneller von möglichen Wertsteigerungen der Immobilie profitieren.  

tipp
Tipp von ImmoScout24:

Finanzierungsexperten empfehlen, die Kaufnebenkosten selbst zu tragen. Damit verschaffen Sie sich eine bessere Verhandlungsbasis und die Wahrscheinlichkeit einer Genehmigung steigt. Zusätzliche Sicherheiten, wie Versicherungen, Sparguthaben und weitere Immobilien erleichtern ebenfalls die Kreditvergabe.

Risiken einer Vollfinanzierung

Neben den Nachteilen solltest du auch folgende Risiken beachten. Die Immobilienfinanzierung mittels Vollfinanzierung birgt auch „persönliche“ Risiken. Diese Probleme können auftauchen:

  • Ausfall der Raten durch Zahlungsschwierigkeiten (z.B. bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit)
  • Finanzierungsplan passt nicht zur Lebenssituation
  • Notwendigkeit einer Nachfinanzierung für Renovierungen
  • Bei Verkauf wird eventuell ein schlechterer Preis erzielt

Lohnt sich eine Restschuldversicherung?

Gegen die Risiken und Nachteile einer Vollfinanzierung kannst du dich mit Versicherungen schützen. Die Restschuldversicherung zählt zu den gängigsten Kreditversicherungen bei der Baufinanzierung. Hierbei wird auf die Person des Kreditnehmers eine Versicherung im Falle einer schwerwiegenden Krankheit oder bei Arbeitslosigkeit abgeschlossen, die dann ausstehende Ratenzahlungen für laufende Kreditverträge übernimmt.

Eine Restschuldversicherung dient sowohl der:dem Kreditnehmer:in und seinen Angehörigen als finanzielle Absicherung als auch dem Kreditgeber, der das Ausfallrisiko von Rückzahlungen minimiert. Ob eine Restschuldversicherung für dich infrage kommt, solltest du schon im Vorfeld der Baufinanzierung entscheiden.

Fazit Vollfinanzierung: Finanzierungsmethode mit Risiken

Eine Vollfinanzierung ist mit vielen Risiken behaftet. Finanzierungsexperten empfehlen, die zumindest die Kaufnebenkosten selbst zu tragen. Mit Eigenkapital verschaffst du dir eine bessere Verhandlungsbasis und die Wahrscheinlichkeit einer Genehmigung für einen Immobilienkredit steigt. Zusätzliche Sicherheiten, wie Versicherungen, Sparguthaben und weitere Immobilien erleichtern ebenfalls die Kreditvergabe.


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Oranus Mahmoodi
Expertin für Mieten & Kaufen

Als Immobilienexpertin und Redakteurin bei ImmoScout24 informiert dich Oranus Mahmoodi über alle Themen rund ums Mieten und Kaufen. Oranus ist studierte Journalistin und Soziologin. Sie beobachtet die Immobilienwirtschaft seit Jahren. Ihre Expertise als Wirtschafts- und Finanzjournalistin hat sie bei Financial Times Deutschland gewonnen, wo sie über viele Jahre gearbeitet hat. Als Autorin für Nachrichtenagenturen und diverse Wirtschaftstitel hat sie sich intensiv mit allen Seiten der Immobilienwirtschaft beschäftigt. Ihr Credo ist es, komplexe Themen für dich unterhaltsam und verständlich aufzubereiten.

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Die ImmoScout24 Redaktion verfasst jeden Beitrag nach strengen Qualitätsrichtlinien und bezieht sich dabei auf seriöse Quellen und Gesetzestexte. Unsere Redakteur:innen haben ein hohes Niveau an Immobilienwissen und informieren dich als Expert:innen mit informativen und vertrauenswürdigen Inhalten. Wir verbessern und optimieren unsere Inhalte kontinuierlich und versuchen, sie so leserfreundlich und verständnisvoll wie möglich für dich aufzubereiten. Unser Anliegen ist es dabei, dir eine erste Orientierung zu bieten. Für persönliche Anfragen deiner rechtlichen oder finanziellen Anliegen empfehlen wir dir, eine:n Rechts-, Steuer-, oder Finanzberater:in hinzuzuziehen.

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