In Rheinland-Pfalz setzt das Finanzgericht in zwei Fällen die Vollziehung der auf Grundlage des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entstandenen Grundsteuerwertbescheide aus und meldet grundsätzliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuerberechnung an.  



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In Rheinland-Pfalz hatten zwei Immobilieneigentümer:innen mit ihren Beschwerden bezüglich ihrer auf Grundlage der neuen Gesetzgebung entstandenen Grundsteuerwertbescheide Erfolg. In beiden Fällen hatte das Finanzamt höhere Bodenwerte für die Bewertung angesetzt als von Eigentümer:innen und Gutachter:innen als realistisch erachtet wurden.  

Wie zehn andere Bundesländer hat Rheinland-Pfalz sich im Rahmen der Grundsteuerreform dafür entschieden, die neue Grundsteuer nach dem so genannten Bundesmodell zu berechnen. Die Grundsteuer ergibt sich demnach aus dem Hebesatz, der durch die Kommune festgelegt wird, multipliziert mit einer Steuermesszahl, die gesetzlich festgelegt ist und sich nach Art des Grundstücks bzw. der Immobilie richtet (z.B. landwirtschaftlicher Betrieb, Einfamilienhaus etc.) und einem Grundsteuerwert, der zum 01.01.2022 durch das jeweils zuständige Finanzamt für das Grundstück mit ggf. der Immobilie auf Grundlage von Lage, Größe, Gebäudeart, Baujahr usw. ermittelt wurde.  

Gegen den in ihrem speziellen Fall vom Finanzamt festgelegten Grundstückswert richteten sich die Beschwerden der Immobilieneigentümer:innen.  


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Die Fälle

Für die Wertermittlung durch das Finanzamt spielt auch der theoretisch zu erzielende Mietzins der Immobilie eine Rolle. Ob die Immobilie tatsächlich vermietet ist, ist für die Bewertung unerheblich. Die Berechnung erfolgt ausschließlich auf Grundlage der Größe der Immobilie (siehe hierzu Anlage 39 des Bewertungsgesetzes).  

Im ersten Streitfall beklagt sich die Antragstellerin, dass das Finanzamt wohnwertmindernde Merkmale ihrer Immobilie nicht berücksichtigt habe und die Normwerte nach Größe der Immobilie für die Berechnung heranzog. Dabei handele es sich in diesem Fall um eine 1880 errichtete und seit Langem nicht sanierte Immobilie mit Einfachverglasung. Ein Gutachter hatte den Bodenrichtwert für das 351 Quadratmeter große Grundstück mit 125 Euro pro Quadratmeter beziffert, das Finanzamt kommt mit dem Normwert auf mehr als das Doppelte – etwa 260 Euro pro Quadratmeter

Auch im zweiten Fall tragen die Antragsteller:innen vor, der für ihren Fall angesetzte Bodenrichtwert von 300 Euro pro Quadratmeter könne nur mit einem Abschlag von 30 Prozent angewandt werden, weil ihre Immobilie in zweiter Reihe gebaut und nur über einen nicht zum Grundstück gehörenden Privatweg zu erreichen sei. Aufgrund der Hanglage sei das 1.053 Quadratmeter große Grundstück außerdem nur eingeschränkt nutzbar.

Finanzgericht setzt Vollzug der Wertbeschlüsse aus

Das Finanzgericht setzt den Vollzug der Wertbeschlüsse aufgrund erheblicher Zweifel an ihrem rechtmäßigen Zustandekommen vorerst aus. Nach summarischer Prüfung bestünden – so das Gericht – ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsregeln.

Folgende Bedenken meldet das Finanzgericht Rheinland-Pfalz an:

  • Zweifel daran, dass die entscheidend in die Bewertung eingeflossenen Bodenrichtwerte rechtmäßig zustande gekommen sind: Der Senat hat  ernstliche Bedenken bezüglich der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse, Einflussnahmemöglichkeiten könnten nicht ausgeschlossen werden.
  • Bedenken bezüglich der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen Datengrundlage: In den zur Ableitung der Bodenrichtwerte geführten Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse seien in erheblichem Umfang Datenlücken zu befürchten, die zu erheblichen Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte führen können.
  • Steuerpflichtige müssten die Möglichkeit haben, einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachweisen zu können. 
  • Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG: Grundstücke müssten realitäts- und relationsgerecht bewertet werden. Es sei jedoch zweifelhaft, ob die durch das Bewertungssystem erreichten Bewertungsergebnisse tatsächlich bestehende Wertunterschiede angemessen abbilden könnten.
  • Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bewertungsregelungen: hatte das FG im Hinblick auf eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG, der für das Bewertungsrecht ein Gebot der realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung begründet. So ist bereits nicht eindeutig, was der genaue Belastungsgrund der Grundsteuer sein soll und wie daher überprüft werden kann, ob die durch das Bewertungssystem erreichten Bewertungsergebnisse "relationsgereicht" sind, also tatsächlich bestehende Wertunterschiede angemessen abbilden können.
  • Die große Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen und eine nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führten zu Wertverzerrungen im gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung: Es bestünden daher Zweifel daran, dass die Regelungen des BewG überhaupt geeignet sind, eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung zu erreichen. “Die gewählte Regelungstechnik bewirkt eine gleichheitswidrige Nivellierung der Grundstücksbewertung mit systematischen Unterbewertungen hochwertiger Immobilien und systematischen Überbewertungen für solche Immobilien, die sich in weniger begehrten Lagen bzw. in schlechterem baulichen Zustand befinden oder deren Ausstattungsmerkmale weniger hochwertig sind. Die Regelungen führen zudem in erheblichem Umfang zu Wertverschiebungen, sodass insgesamt nicht mehr von einer gleichheitsgerechten Bewertung ausgegangen werden kann.”
  • Gleichheitswidriges Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte: Die Werte würden häufig aus der Aufteilung von Gesamtkaufpreisen in einen Gebäude- und einen Bodenanteil ermittelt, ohne dass den Gutachterausschüssen effektive Instrumente zur Sachverhaltsermittlung sowie zur Verifikation der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung stünden.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat insbesondere wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.

(FG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse v. 23.11.2023 - 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23)

 

Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten).



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