Erstatten Mietende gegen ihre Vermietenden eine plausible Strafanzeige, darf das nicht zu Konsequenzen für das Mietverhältnis führen. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem brisanten Fall von Streit und Mobbing.


Das Verhältnis von Mieterin und Vermieter ist seit längerem angespannt. Immer wieder kam es zu Streitigkeiten über Mängel und Beschädigungen der Wohnung. In E-Mails attestierte der Vermieter seiner Mieterin “Besserwisserei”, “Penetranz” und “bissigen Eifer”; ihr Verhalten sei “nicht normal”.  

Am Tag nach der letzten E-Mail geschahen Dinge im Namen der Mieterin, die durchaus beängstigend waren. Innerhalb kurzer Zeit wurden Bestellungen getätigt, Kreditanfragen gestellt und Anmeldungen bei Dating-Portalen vorgenommen. In allen Fällen wurden Daten der Mieterin wie E-Mail-Adresse, Anschrift, Telefonnummer und sogar ihre Bankverbindung unbefugt genutzt.



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Mieterin verdächtigt Vermieter

Die Mieterin verdächtigt ihren Vermieter des Datenmissbrauchs und erstattet Strafanzeige. Ihren Verdacht begründet sie mit dem Hinweis auf die Mietstreitigkeiten.

Wer hinter den im Namen der Mieterin initiierten Handlungen steckt, konnte nicht geklärt werden. Ergebnis: Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Inzwischen hatte der Vermieter, nachdem er von den Verdächtigungen erfuhr, den Mietvertrag fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt.

Mit seiner Räumungsklage hatte er vor dem Amtsgericht Mitte Erfolg, während das Landgericht Berlin im Berufungsverfahren keinen Kündigungsgrund sah. Wie bereits das Landgericht, sprach auch der BGH dem Vermieter das Recht zur Kündigung des Mietverhältnisses ab.

BGH: Mieterin hat berechtigte Interessen wahrgenommen

Eine grundlos falsche Strafanzeige gegen den Vermieter, wie auch wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben im Rahmen einer Strafanzeige, könnten eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen und somit eine Kündigung rechtfertigen. Daher müssen die Umstände jeweils im Einzelfall betrachtet werden. Bei der Gesamtabwägung sei auch entscheidend, ob die Mieterin berechtigte eigene Interessen oder staatsbürgerliche Rechte und Pflichten wahrgenommen habe. 

Daran gemessen habe die Mieterin nicht pflichtwidrig gehandelt. Die angezeigten Taten seien tatsächlich begangen worden, damit habe sie bei der Strafanzeige eigene berechtigte Interessen wahrgenommen.

Da der Tatverdächtige für die Bestellungen auf Daten zugegriffen hatte, die nicht allgemein zugänglich waren, lag es nahe, ihn im eigenen Umfeld zu verorten; insbesondere dort, wo es immer wieder zu Konflikten gekommen war. Somit diente der von der Mieterin geäußerte Verdacht einem sachgerechten Ermittlungsansatz. Die weitere Aufklärung hatte sie der zuständigen Ermittlungsbehörde überlassen.

(BGH, Beschluss v. 8.8.2023, VIII ZR 234/22) 

Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten).


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