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In Berlin gab es viel zu wählen: Neben dem Bundestag und dem Abgeordnetenhaus – so nennt man die Landesregierung in Berlin – durften die Hauptstädter auch bei dem Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ abstimmen. 56,4 Prozent stimmten dafür und forderten damit die Berliner Landesregierung auf, „alle Maßnahmen einzuleiten“, die für eine Überführung von Immobilien zum Gemeineigentum erforderlich sind und dazu ein Gesetz zu erarbeiten.

Die so enteigneten Wohnungsunternehmen könnten auf eine Entschädigung hoffen, die je nach Einschätzung zwischen 7,3 und 36 Milliarden Euro liegt. Die Initiative beruft sich auf Paragraf 15 im Grundgesetz, laut dem Privateigentum in Gemeineigentum überführt werden kann. Dieser wurde bisher noch nicht angewendet.

 


So viele Wohnungen sollen enteignet werden

Insgesamt geht es um rund 240.000 Wohnungen. Das sind etwa 15 Prozent aller Berliner Mietwohnungen. Betroffen von dem Enteignungsentscheid sind nur große Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Bestandswohnungen, keine Klein- oder private Vermieter:innen. Rund 200.000 städtische Wohnungen hatte der Berliner Senat zwischen der Wende und Mitte der Nuller Jahren an Privatunternehmen verkauft, schätzt Der Tagesspiegel.



Warum Enteignung?

Die Hauptstadt, in der ein hoher Anteil der Bevölkerung zur Miete lebt, ist immer interessanter für Investoren aus dem In- und Ausland geworden. Die Situation für viele Mieter:innen verschärft sich zum einen durch starke Mieterhöhung. In keiner deutschen Großstadt sind die Preise bei der Neuvermietung in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie in Berlin. Allein im 2. Quartal 2021 sind die Mietpreise um 3,9 Prozent im Vergleich zum zweiten Quartal gestiegen. Das zeigte das Wohnbarometer von ImmoScout24.

Zum anderen steigt die Nachfrage nach Wohnraum. Die Bevölkerung wächst. Zwar gibt es Neubau, aber nicht ausreichend. Das macht die Suche nach einem Zuhause immer schwieriger. Die Umnutzung von Mietwohnungen zu Ferien- und Eigentumswohnungen verengt den Markt zusätzlich.

Mit dem Berliner Mietendeckel gab es von der rot-rot-grünen Berliner Regierung 2019 einen aufsehenerregenden Versuch, die steigenden Mieten aufzuhalten, indem man den Vermieter:innen Höchstpreise bei der Vermietung diktierte. Mit wenig Erfolg: Dieses Gesetz scheiterte nach wenigen Monaten im April 2021 am Bundesverfassungsgericht. 




Argumente für Enteignung

Die Enteignungs-Initiative ist ein außerparlamentarischer Vorstoß, der genauso umstritten ist wie der Mietendeckel. Die Initiatoren der Kampagne sehen in der Enteignung eine Erleichterung für viele Mieter:innen und durch die Bewirtschaftung der Wohnungen ein einschätzbares finanzielles Risiko für den Berliner Haushalt. 


Argemente gegen Enteignung

In der Immobilienwirtschaft hingegen wird das Vorhaben als kontraproduktiv für einen funktionierenden Wohnungsmarkt gesehen oder auch von internationalen Investoren nicht ernst genommen, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung Konstantin Lüttger, Head of Residential Investment beim Immobiliendienstleister CBRE, zitierte.


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So geht es weiter

Die SPD hat bei der Berlin-Wahl die Mehrheit der Stimmen erhalten. Ihre Bürgermeisterkandidatin Franziska Giffey schloss noch im Wahlkampf aus, diesen Volksentscheid in ein Gesetz formen.  

Wie auf Bundesebene gibt es für die zukünftige Berliner Regierung mehrere Möglichkeiten der Koalitionsbildung. Die Fortsetzung der Koalition mit den Grünen und der Linke wäre für die Enteignungsinitiative am aussichtsreichsten. Doch auch die Grünen sehen die Enteignung nur als letztes Mittel. Die Linke möchte die Vorschläge des Volksentschied mittragen, doch hat sie bei den Berlin-Wahlen Stimmen und damit an Einfluss an einer möglichen Regierung verloren. Sie ist jetzt, anders als beim letzten Senat, nunmehr der kleinste Partner einer möglichen Dreier-Koalition.

Giffey schließt nicht aus, auch eine Koalition mit der CDU und der FDP zu bilden. Diese beiden möglichen Regierungspartner sprechen sich klar gegen den Volksentschied aus. In einem Interview mit dem Radio Berlin-Brandenburg beteuerte Giffey, dass sie den Volksentscheid respektieren, prüfen und einen Gesetzentwurf erarbeiten wollte. Die Initiatoren von „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ hatte bereits im Mai 2021 einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt.



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