Im folgenden Artikel erfahren Sie, ob Sie eine Immobilie auch dann noch verkaufen können, wenn Sie einen Erbvertrag abgeschlossen haben und diese Immobilie im Erbvertrag aufgeführt ist. Das ist vor allem dann relevant, wenn Situationen eintreten, die Sie an Ihrer einmal getroffenen Entscheidung in Sachen Erbvertrag zweifeln lassen. Der Gesetzgeber hat hier eine ganze Reihe an Sicherungsmechanismen für Erblasser eingebaut.
- Ein Erbvertrag ist ein Vertrag, der dem Bedachten ein gewisses Erbe im Todesfall des Erblassers zusichert.
- Anders als ein Testament kann ein Erbvertrag nicht ohne weiteres geändert werden. Trotzdem hat der Erblasser zu Lebzeiten das Recht, über sein Vermögen frei zu verfügen.
- Im Fall des Verkaufs einer Immobilie besteht auf Seiten des Erben kein Recht mehr auf das Erbe der Immobilie – sehr wohl aber auf das Erbe des Verkaufserlöses, soweit dieser noch vorhanden ist.
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- Was ist ein Erbvertrag?
- Inwiefern bindet ein Erbvertrag Sie schon zu Lebzeiten?
- Was passiert, wenn Sie eine Immobilie verkaufen, die im Erbvertrag berücksichtigt wurde?
- Abgrenzung eines Erbvertrags zum Vermächtnis
- Unter welchen Voraussetzungen verliert ein Erbvertrag seine Gültigkeit?
- Was gilt es zu beachten, wenn Sie ein Haus trotz Erbvertrag verkaufen möchten?
- Fazit: Haus oder Wohnung verkaufen trotz Erbvertrag – möglich, aber teils mit Problemen behaftet
Ein Erbvertrag ist die zweite Verfügung von Todes wegen, die das deutsche Erbrecht kennt. Er stellt eine gern genutzte Alternative zum Testament da. Der Vorteil eines Erbvertrages für den Erblasser ist der, dass er hier sein Erbe regeln und gleichzeitig eine vertraglich festgelegte Gegenleistung von seinem Erben erhalten kann. Oft wird ein solcher Erbvertrag beispielsweise aufgesetzt, wenn ein Erbe den Erblasser pflegt. Hier wird die Erbringung der Pflegeleistung vertraglich verankert – dafür besteht auf Seiten des Erben eine gewisse Sicherheit, wenn es um die Verteilung des Erbes geht.
Einmal abgeschlossen kann ein Erbvertrag nur noch unter engen Voraussetzungen geändert oder gar ganz aufgehoben werden. Hier sind die Freiheiten des Erblassers, seinen letzten Willen zu ändern, deutlich beschränkter als bei einem Testament.
Wenn Sie vor der Frage stehen, wie Sie Ihr Haus verkaufen – und das trotz Erbvertrag – stellt sich natürlich zuerst einmal die Frage, inwieweit ein Erbvertrag Sie als Erblasser schon zu Lebzeiten bindet. Die Antwort hierauf ist verhältnismäßig leicht zu geben. Im § 2.285 des BGB ist festgelegt, dass ein Erblasser trotz eines einmal abgeschlossenen Erbvertrages zu Lebzeiten vollkommen frei über sein Vermögen verfügen darf. Ein solches Rechtsgeschäft wäre beispielsweise der Verkauf einer Immobilie. Dem Immobilienverkauf als solchem steht also rein rechtlich betrachtet erst einmal nichts im Weg.
Wurde im Rahmen eines Erbvertrages vereinbart, dass Sie als Erblasser eine Immobilie an eine bestimmte Person vererben, und wurde dafür eine Gegenleistung vereinbart, so sind erst einmal beide Personen an diese Vereinbarung gebunden. Kommt es nun zu einem Verkauf dieser Immobilie, können Sie in der Folge nur noch den Verkaufserlös vererben.
Solange Ihr Vermögen ausreichend groß ist, um den Verkaufserlös als Erbe sicherzustellen, wird der Verpflichtung aus dem Erbvertrag Genüge getan. Haben Sie den Verkaufserlös allerdings verbraucht und stehen auch sonst keine weiteren Vermögenswerte zur Verfügung, die den Wert der Immobilie ausgleichen, kann der Erbvertrag durch den Erblasser nicht mehr erfüllt werden.
In diesem Fall kann es passieren, dass Ihr Vertragspartner auch seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Ihre einzige Möglichkeit in diesem Fall wäre dann der Rücktritt vom Erbvertrag, oder aber eine einvernehmliche Aufhebung des Erbvertrages. Sie haben keine Möglichkeit, eine erbvertraglich geregelte Leistung Ihres Erben einzuklagen – vor allem dann nicht, wenn Ihr Teil des Erbvertrages nicht mehr erfüllt werden kann.
Eine Immobilie verkaufen trotz Erbvertrag kann also bedeuten, die positiven Effekte des Erbvertrages in Gänze zu verlieren.
Ein Erbvertrag kann auch ein Vermächtnis regeln. Das Vermächtnis im Sinne des Gesetzgebers ist eine einzelne Sache, die aus dem restlichen Erbe herausgelöst und einer bestimmten Person vererbt wird. Wird also im Rahmen eines Erbvertrages geregelt, dass Sie als Erblasser einem bestimmten Erbe ausschließlich Ihre Immobilie vererben, handelt es sich bei dieser Immobilie um ein Vermächtnis.
Wollen Sie Ihr Haus oder Ihre Wohnung verkaufen trotz Erbvertrag kann es in einem solchen Fall zu Schwierigkeiten für die verbliebenen Erben kommen. Denn im Fall eines Vermächtnisses hat das BGB ganz eigene Regelungen im Erbrecht. Hierzu legt § 2.288 im BGB folgendes fest: In dem Fall, dass der Erblasser den Gegenstand veräußert hat, der zum Vermächtnis werden sollte, um den Bedachten zu beeinträchtigen, hat der Bedachte gegen den Erben des restlichen Vermögens Anspruch auf die Wiederbeschaffung des Gegenstandes oder auf einen Verlustausgleich finanzieller Natur.
Kann Ihr Vertragspartner in Sachen Erbvertrag also nachvollziehbar erklären, dass Sie Ihr Haus trotz Erbvertrag verkauft haben, um ihn zu beeinträchtigen – also mit dem Ziel, dass er diese Immobilie nicht bekommt – kann das Ihre restlichen Erben in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bringen.
Es gibt einige Möglichkeiten, einen Erbvertrag aus der Welt zu nehmen. Da wären:
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Der Rücktritt vom Erbvertrag
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Ein Aufhebungsvertrag zum Erbvertrag
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Eine Aufhebung durch ein neues Testament
Ein Rücktritt wiederum kann aus drei unterschiedlichen Gründen erfolgen.
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Rücktritt bei Aufhebung der Gegenverpflichtung
Wird die für den Erben im Erbvertrag festgelegte Verpflichtung zu Lebzeiten des Erblassers nicht mehr erfüllt oder wird diese in beiderseitigem Einvernehmen aufgehoben, kann der Erblasser von dem Erbvertrag zurücktreten.
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Rücktritt bei Vorbehalt
Wurde im Erbvertrag ein Rücktrittsvorbehalt eingearbeitet, kann der Erblasser dann vom Erbvertrag zurücktreten, sobald die Voraussetzung für den Vorbehalt eintritt.
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Rücktritt bei Verfehlung des Bedachten
Sollte sich ein im Erbvertrag Bedachter eine derartige Verfehlung zu Schulden kommen lassen, dass es dem Erblasser erlaubt wäre, den Bedachten vom erbrechtlichen Pflichtteil auszuschließen, hat der Erblasser auch das Recht, vom Erbvertrag zurückzutreten. Solche Verfehlungen sind beispielsweise:
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Eine Straftat gegen den Erblasser oder gegen einen nahen Verwandten des Erblassers
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Wenn das Leben des Erblassers, des Partners des Erblassers oder eines Abkömmlings durch den Bedachten bedroht wird
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Wenn eine Verurteilung wegen vorsätzlich begangenen Straftaten vorliegt, die zu einem Gefängnisaufenthalt von mindestens einem Jahr führt und die Einhaltung des Erbvertrags für den Erblasser unzumutbar wird
Ein Aufhebungsvertrag hingegen muss in beiderseitigem Einvernehmen geschlossen und notariell beglaubigt werden. Auch im Fall einer Aufhebung durch ein neues Testament muss der im Erbvertrag Bedachte zuerst schriftlich seine Zustimmung erteilen.
Einen Erbvertrag zu ändern oder aufzuheben ist also durchaus an einige Hürden gebunden. Der einfachste Fall ist der Rücktritt bei Rücktrittsvorbehalt – allerdings muss auch hier im Erbvertrag bereits festgelegt sein, in welchem Fall der Vorbehalt gilt. Nur bei Eintreten dieses Falles kann der Rücktritt durchgeführt werden.
Aus einem Erbvertrag zieht der Bedachte genauso einen Vorteil wie der Erblasser selbst. Verliert der Bedachte seinen Vorteil, zum Beispiel durch den Verkauf des wertvollsten Bestandteils des vereinbarten Erbes, kann dies schnell dazu führen, dass auch der Bedachte seinen Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht mehr nachkommt. Gerade bei Pflegeleistungen oder Unterhaltsleistungen im Rahmen des Erbvertrages kann es zu einer erheblichen Einbuße in Sachen Lebensqualität kommen, wenn der Bedachte seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommt.
Zudem müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass der Bedachte Anspruch auf Ersatz gegen Ihre restlichen Erben haben könnte, wenn es sich bei der Immobilie um ein Vermächtnis handelt. Hier sollten Sie klar dokumentieren können, aus welchen Gründen Sie sich entschieden haben, Ihr Haus oder Ihre Wohnung trotz Erbvertrag zu verkaufen. Nur so können Sie sichergehen, dass nach Ihrem Tod nicht der Vorwurf erhoben wird, Sie hätten den Verkauf nur vorgenommen, um den im Erbvertrag Bedachten zu beeinträchtigen.
Niemand kann Sie daran hindern, zu Lebzeiten frei über Ihr Vermögen zu verfügen. Das hat der Gesetzgeber ausdrücklich so festgelegt. Allerdings führt ein Erbvertrag schon zu einer gewissen Verpflichtung – vor allem dann, wenn es sich bei der Immobilie nicht nur um ein Erbe, sondern sogar um ein Vermächtnis im Sinne des BGB handelt.
In diesem Fall kann der Bedachte bei einem Verkauf der Immobilie zu Ihren Lebzeiten nach Ihrem Tod Ansprüche an Ihre weiteren Erben anmelden. Sollten Sie sich entschließen, Ihre Wohnung oder Ihr Haus trotz Erbvertrag zu verkaufen, tritt der Verkaufserlös für den Bedachten an Stelle der Immobilie im Erbanspruch. Dies gilt allerdings nur so lang wie die gesamte Erbmasse ausreicht, um den Verkaufserlös abzuwerfen.
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