Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH, Urteil II R 31/13 vom 30.09.2015) muss aus einem Bescheid des Finanzamts über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes bei mehreren Miterben klar entnommen werden können, gegen welche Beteiligten der Erbengemeinschaft sich die Feststellungen richten.
Die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist Bestandteil des Steuerbescheids. In gesetzlich geregelten Fällen wird diese Feststellung in einem gesonderten „Verwaltungsakt“, dem Feststellungsbescheid, vorgenommen. Zur Ermittlung der Erbschaftssteuer bewertet das zuständige Finanzamt den Grundbesitz des verstorbenen Erblassers. Die „gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes“ bildet dann die Grundlage für die Erbschaftssteuer der Erben.
Im Todesfall eines Immobilieneigentümers erhalten häufig Erbengemeinschaften aus der Familie des Verstorbenen den Grundbesitz. Aus dem jeweiligen Anteil am Erbe und dem Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen ermittelt sich dann die Erbschaftssteuer. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes bei mehreren Miterben muss daher klar und eindeutig sein, damit die jeweiligen Beteiligten der Erbengemeinschaft die Ermittlung der Steuer nachvollziehen können. Diese an sich einfache Logik hat nun der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil gegen ein Finanzamt bestätigt.
In dem Fall erhielt die Ehefrau eines im Jahr 2009 verstorbenen Eigentümers von mehreren Grundstücken von dem zuständigen Finanzamt im Mai 2011 einen Feststellungsbescheid. Das Finanzamt hatte das Grundstück als Ein- oder Zweifamilienhaus im Sachwertverfahren bewertet und stellte den Grundbesitzwert gesondert und einheitlich mit 285.418 Euro fest. Diesen Wert rechnete sie der Witwe zu. Den Bescheid gab das Finanzamt der Ehefrau als Empfangsbevollmächtigte für die "O.-Erbengemeinschaft" bekannt. Der Bescheid enthält den Zusatz: "Der Bescheid ergeht mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle Miterben."
Zu den Erben gehörten jedoch nicht nur die Ehefrau, sondern auch ihre Söhne sowie die sich aus verschiedenen Erben zusammensetzende Erbengemeinschaft. Für die Betroffenen war daraus nicht zu entnehmen, wer der eigentliche Adressat des Schreibens war.
Den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid der betroffenen Witwe, ihrer Söhne sowie der Erbengemeinschaft wies das Finanzamt im November 2011 als unbegründet zurück. Die Betroffenen klagten daraufhin gegen das Finanzamt vor dem zuständigen Finanzgericht. Das Finanzgericht gab auch ihrer Klage statt. Der Bescheid sei nichtig, da der Inhaltsadressat nicht hinreichend bestimmt sei. Die Bezeichnung "O-Erbengemeinschaft" reiche dafür nicht aus. Es fehle an der namentlichen Benennung der Erben.
Doch das Finanzamt akzeptierte die Entscheidung des Finanzgerichts nicht und ging in Revision vor dem Bundesfinanzhof.
Die Richter des Bundesfinanzhofes in München wiesen die Revision des Finanzamtes jedoch ab und bestätigten sie Entscheidung des Finanzgerichts, das zu Recht davon ausgegangen war, dass der Feststellungsbescheid den Inhaltsadressaten nicht hinreichend genau bezeichnet und daher nichtig ist. Der „Verwaltungsakt“ des Finanzamtes sei nichtig, weil er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide, da er inhaltlich wegen des Fehlens der Adressaten nicht hinreichend bestimmt ist. Dem Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes bei mehreren Miterben müsse klar und eindeutig entnommen werden können, gegen welche Beteiligten der Erbengemeinschaft sich die Feststellungen richten. Der Bundesfinanzhof rügte dabei den vom Finanzamt vorgebrachten Einwand als unangebrachter Formalismus und Wortklauberei, die nicht im Sinne des Gesetzgebers sei.
Aus dem Feststellungsbescheid des vom Finanzamt ermittelten Grundbesitzwertes sollte klar erkennbar sein, wer der Adressat ist. Die Betroffenen müssen nicht den Bescheid hinnehmen, wenn dieser völlig unklar ist.
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